Weiches Herz, blinde Tierliebe

Vorarlberg / 16.07.2015 • 19:37 Uhr
Weiches Herz, blinde Tierliebe

Hunde aus dem Urlaub mit nach Hause bringen ist eine wenig empfehlenswerte Handlung.

Schwarzach. Wer hat sich ihrer nicht schon erbarmt und sie soo lieb gefunden: Streunende Hunde und Katzen in südlichen Urlaubsländern. Manche können der Versuchung nicht widerstehen und nehmen Vierbeiner, bevorzugt Hunde, einfach mit. „Aber das kann böse enden“, weiß nicht nur Erik Schmid (58), Fachtierarzt für Tierhaltung und Tierschutz. „Die Leute wollen ja nichts Schlimmes. Aber sie sind sich der Konsequenzen ihres Handelns nicht bewusst.“

Tollwut und anderes

Schmid erwähnt die Tollwutgefahr ebenso wie das völlig unabsehbare Risiko der Haltung eines Tiers, „dem es in seiner Heimat wahrscheinlich gar nicht schlecht ging. Und dann ist es irgendwo in einer Wohnung eingeschränkt, seiner Freiheit beraubt und beginnt verhaltensauffällig zu werden.“ Die Tiere kommen ohne Impfung und ohne Untersuchung ins Land und können ein Herd für Infektionen sowie ein Krankheitsauslöser werden. Auch gewissenlose Welpenhändler machen sich die Schwäche vieler Vorarlberger für ausländische Tierbabys zunutze. „Die werden zum Teil schon nach drei Wochen von ihren Müttern getrennt und illegal zum Verkauf angeboten. Die Käufer zahlen für kleine Möpse, Französische Bulldoggen, Malteser, Yorkshire-Terrier oder auch Amerikanische Staffordshire-Terrier (Kampfhunde) zwischen 400 und 600 Euro, statt bis zu 2000 Euro. „Erst wenn es dann Probleme gibt, und die gibt es oft, kommen die Leute dann zu den Behörden“, weiß Schmid.

Von Problemen dieser Art kann auch die Leiterin des Vorarlberger Tierschutzheimes, Judith Kupnik (44), erzählen. „Wir dürfen eigentlich kein ausländisches Tier bei uns aufnehmen. Aber es gibt Situationen, wo wir gar nicht anders können. Ein gesundes Tier wird bei uns nicht einfach eingeschläfert. Das verbietet der Tierschutz.“

Warnung

Der Trend, Hunde aus dem Ausland mit nach Hause zu bringen, verstärkt sich. „Dabei ist es ja nicht nur die Tollwut, die importiert werden könnte. Da gibt es verschiedene Infektionskrankheiten, die nicht nur von Tier zu Tier übertragbar sind, sondern auch von Tier zu Mensch.“ Das alles muss den Leuten klar sein, wenn sie einfach ein Tier mit nach Hause bringen wollen. Auch dass sich das Tier bei uns verändern und verhaltensauffällig werden kann.“ Kupnik erzählt von einer Mieterin in einer Wohnsiedlung, die einen Hund aus Ungarn mitbrachte. Zuerst war das Tier ängstlich und vorsichtig. Dann aber wurde es selbstbewusst und hörte nicht mehr auf zu bellen. „Schließlich stand die Frau bei uns vor der Tür und sagte: ‚Entweder ihr nehmt meinen Hund oder ich verliere meine Wohnung.‘“

Echter Tierschutz

Natürlich werden Hunde auch völlig legal aus dem Ausland ins Ländle gebracht. Dafür sorgen vor allem diverse Tierschutzorganisationen, die Tiere ins Land holen. „Wobei nicht alle gleich gewissenhaft sind“, behauptet die Tierheim-Leiterin.

Als besonders seriös gilt die Gruppe „Galgo Cat & Co“. Diese Organisation rettet spanische Windhunde (Galgo) vor dem sicheren Tod und überführt sie nach Österreich. Die Rankweilerin Monika Gertschnig (49), führendes Mitglied des Vereins, weiß um die Komplexität eines solchen Unterfangens. „Vom Chip über die Impfung bis zu den innereuropäischen Handelspapieren beschaffen wir alles. Unsere Tiere werden einen Tag vor ihrer Abreise vom spanischen Amtstierarzt begutachtet, während dessen Kollege in Vorarlberg bereits informiert ist. Kommen die Hunde bei uns an, werden sie erneut vom Tierarzt untersucht. Danach kommen sie zuerst an einen Pflegeplatz und erst nach reiflicher Prüfung zu ihrer neuen Familie“, erklärt Gertschnig das Prozedere.

All das machen die Laien-Tierimporteure in ihrem Urlaub nicht. Die böse Überraschung ist dann vorprogrammiert.

Ein importiertes Tier kann sich zu Hause völlig verändern.

Judith Kupnik