Verständnis für die Bayern

Schwärzler: Sollte Bayern die Grenzen schließen, müsste dies auch hier passieren.
Bregenz. Soldaten an Österreichs Grenzen? Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs reisten über 20 Jahre lang Rekruten aus Vorarlberg an die burgenländische Grenze, um diese zu sichern. Durch Schengen erübrigte sich das. 2011 beendete die Regierung den Einsatz. Vier Jahre später: Tausende Menschen aus Kriegsgebieten wie Syrien und Irak suchen Schutz in Europa. Österreich, Schweden, Deutschland; der Umgang mit den Kriegsflüchtlingen sorgt vielerorts für Diskussionen. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU, 58) äußerte am Wochenende eine Idee.
„Keine Priorität“
Er will die Grenzen stärker kontrollieren – weil Österreich zu viele Flüchtlinge nach Deutschland durchlasse. Hierzulande äußerte sich das Innenministerium zurückhaltend, verwies auf verstärkte Kontrollen in Ungarn und in der Grenzregion. In einer Aussendung hieß es, das Thema habe derzeit „keine Priorität“.
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP, 48) kann die Bayern verstehen, sein zuständiger Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP, 62) auch. Im Gespräch mit den VN warnt er allerdings: „Wenn Bayern die Grenzen dicht macht, muss sich Österreich etwas überlegen. Vorarlbergs Soldaten haben lange die Grenze im Burgenland gesichert. Das ist noch gar nicht lange her.“
Bund soll das regeln
Wallner ist sich sicher: „Der Ruf nach verstärkten Kontrollen wird lauter werden. Auch ich bin dafür. Allerdings nur in Abstimmung innerhalb der EU oder zumindest mit den Nachbarländern. Ein Alleingang bedeutet Rückwärtsgang.“ Würde ein Land die Grenzen schließen, hätte das Auswirkungen auf die Nachbarländer. Stärkeren Kontrollen kann auch Schwärzler etwas abgewinnen: „Es ist eine Möglichkeit, festzustellen, wer Kriegsflüchtling ist und wer nicht.“ Wallner nimmt den Bund in die Pflicht: „Das muss die Bundesregierung in Brüssel ausmachen. Die Frage der Grenzkontrollen ist nicht Sache der Landeshauptleute.“
Frage des Personals
Kontrollieren müsste die Polizei. Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher (53) äußert sich zurückhaltend: „Das ist eine politische Entscheidung. Aber wenn überhaupt, dann würde es dort Sinn machen, wo Flüchtlingsströme sind.“ Vorarlberg sei kein Durchzugsland. In den vergangenen Monaten habe sich der Aufwand im Land dennoch etwas erhöht. Die Polizei hat in Feldkirch-Gisingen eine Dienststelle mit besonderem Schwerpunkt eingerichtet. Aber: „Personell geht es uns gut, wir haben keinen zusätzlichen Bedarf“, erklärt Ludescher.
Anders sieht es Polizeigewerkschafter Eugen Lampert (58). „Wir sind in Vorarlberg personell immer schon sehr belastet und bemühen uns ständig um zusätzliches Personal. Die Flüchtlingssituation wird sich nicht so schnell ändern. Sollte jemand auf die Idee kommen, Grenzkontrollen früherer Ausprägung wieder einzuführen, würden wir das mit derzeitigem Personalstand nicht lange machen können.“ Aber mangels Flüchtlingsströme gäbe es in Vorarlberg keinen Bedarf.
Sein Gewerkschafts-Chef Hermann Greylinger (54) reagierte auch zurückhaltend: „Das ist ein überlegenswerter Gedanke“, sagte er am Wochenende zur Tageszeitung „Standard“. „Ob es eine Verbesserung bringt, wage ich aber zu bezweifeln.“
Ein Alleingang eines Landes bedeutet Rückwärtsgang.
Markus Wallner