Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Überläufer

Vorarlberg / 27.08.2015 • 20:41 Uhr

Das Überlaufen von Abgeordneten aus dem Team Stro­nach zur ÖVP hat große Aufregung verursacht. Tatsächlich fällt es schwer, Veränderungen der Kräfteverhältnisse im Parlament, die nicht durch Wahlen herbeigeführt wurden, etwas Positives abzugewinnen. Noch dazu, wenn es offenkundig ist, dass der Wechsel der Abgeordneten allein aus purem Opportunismus erfolgte.

Dabei wäre es ja legitim, wenn Politiker, die Probleme mit ihrer Partei haben, vielleicht, weil sie zu unbequem sind und häufig eine eigene Meinung haben, eine andere politische Heimat suchen. Einer der erfolgreichsten Politiker, Winston Churchill, hat beispielsweise mehrfach die Partei gewechselt. Der frühere deutsche EU-Kommissar Günther Verheugen war zunächst Funktionär der FDP und wechselte schließlich zur SPD, wo er eine große Karriere durchlief.

Auch in Österreich haben politische Seitenwechsel immer wieder stattgefunden und sind in der Öffentlichkeit zuweilen auch positiv bewertet worden: Als sich vor gut 20 Jahren eine Gruppe von Abgeordneten vom Parlamentsklub der Haider-FPÖ löste und das „Liberale Forum“ gründete, war der Applaus groß. Der damalige Parlamentspräsident Heinz Fischer sorgte auch durch eine wohlwollende Auslegung der Geschäftsordnung dafür, dass dem Liberalen Forum der Zugang zu den Futtertrögen der Klubförderung erhalten blieb.

Von diesen Vorgängen unterscheidet sich allerdings der schäbige Wechsel der Team-Stronach-Abgeordneten, die sich nur von einem sinkenden Schiff in Rettung bringen wollen, ganz wesentlich. Abhilfe gegen solche Vorkommnisse könnte ein persönlichkeitsorientiertes Wahlrecht leisten. Dann müssten sich die Abgeordneten bei den nächsten Wahlen vor den Wählern behaupten und nicht vor dem Parteisekretariat, das die Mandate im Grunde durch die Erstellung der Wahllisten vergibt. Damit wäre auch der Anreiz für den Parteiwechsel geringer, weil die Mandatare nicht damit rechnen können, dadurch einen sicheren Listenplatz für die nächsten Wahlen zu erringen.

Leider ist die Diskussion über ein neues Wahlrecht schon längst wieder eingeschlafen. Ohne Druck der Bürger ist auch nicht damit zu rechnen, dass die Parteien auf Bundesebene daran denken, die Macht der Wähler statt ihrer eigenen zu stärken.

Leider ist die Diskussion über ein neues Wahlrecht schon längst wieder eingeschlafen.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.