“Die zwei haben sich gegenseitig zu einem Trachtengeschäft gratuliert”

Vorarlberg / 16.12.2015 • 20:36 Uhr
Markus Rhomberg bei den VN zu Gast: „Beide Herausforderer waren sehr gut vorbereitet.“ Foto: VN/Paulitsch
Markus Rhomberg bei den VN zu Gast: „Beide Herausforderer waren sehr gut vorbereitet.“ Foto: VN/Paulitsch

Experte Markus Rhomberg analysiert die beiden Wahldiskussionen vor der Stichwahl.

Schwarzach. Am Sonntag werden in Bludenz und Hohenems die Bürgermeister gewählt. Ein Experte erklärt, wie er das Auftreten der Kandidaten empfindet und ob Wahlplakate sinnvoll sind.

Sie haben sich beide Wahldiskussionen angehört. Haben Sie Unterschiede festgestellt?

Rhomberg: Ja, sehr große. Vor allem im Umgang miteinander. In Bludenz war es eine Geschichte auf Augenhöhe. Da hat man gemerkt, dass die beiden Kontrahenten schon lange zusammenarbeiten. Im Gegensatz zu Hohenems, wo eine hohe Emotionalität drinnen war.

Woran machen Sie diesen Unterschied fest?

Rhomberg: Zum Beispiel bei den Wahlkarten. In Bludenz war die Geschichte in zehn Minuten erledigt, in Hohenems hat sie über 20 Minuten gedauert. In Bludenz wiederum haben sich die Kandidaten gegenseitig zu sechs Arbeitsplätzen in einem Trachtengeschäft gratuliert.

Welche Strategie ist erfolgversprechender?

Rhomberg: Na ja, das werden wir am Sonntag sehen. Bei Stichwahlen ist es immer so, dass Leute überzeugt werden müssen, die im ersten Wahlgang den Kandidaten nicht gewählt haben. Gleichzeitig müssen aber die eigenen Anhänger mobilisiert werden.

Wie haben die Kandidaten versucht zu mobilisieren?

Rhomberg: In Bludenz wurde versucht, inhaltlich zu diskutieren. Mandi Katzenmayer und Mario Leiter wollten zeigen, was sie erreicht haben, um Unentschlossene zu locken. In Hohenems war es anders, vor allem bei Dieter Egger. Er hat versucht, die Fronten zu schließen und hat keine Angebote an andere gemacht. Interessanterweise Richard Amann auch nicht.

Braucht er das denn?

Rhomberg: Er hat im März gewonnen, weil andere mobilisiert haben.

Die rot-grün-emsige Allianz gab dazu eine Pressekonferenz.

Rhomberg: Im Gegensatz zum März war das sehr zurückhaltend. Außerdem, hätte er bei der Wahldebatte ein Angebot an Grüne, Emsige und Co. ausgesprochen, es wäre in der Medienlandschaft prominent erwähnt worden.

Hat es diese Angebote in Bludenz gegeben?

Rhomberg: Mario Leiter hat das geschickt gemacht. Er hat vier Mal erwähnt, dass er wegen der Lehrwerkstätte oft nach Wien gefahren ist. Er hat ein konkretes Beispiel gebracht und ist über dieses ins Allgemeine gekommen. Von der Lehrwerkstätte zu den Arbeitsplätzen.

Wer war besser vorbereitet?

Rhomberg: Die Herausforderer hatten unterschiedliche Strategien, waren aber beide sehr gut vorbereitet. Leiter war der Einzige, der durchwegs Dialekt geredet hat. Er hat den Kumpeltyp durchgezogen. Bei Egger merkt man, dass er schon ewig in der Politik ist. Er war gut vorbereitet, hat geschäftig gewirkt, immer wieder in Unterlagen geblättert. Was bei den Wählern ankommt, sehen wir am Sonntag.

Ist ein emotionaler Wahlkampf gefährlich für die zukünftige Zusammenarbeit?

Rhomberg: Es gibt beide Beispiele. Kontrahenten, die wieder zusammenfinden, wie im Burgenland. Und solche, bei denen zu viel verbrannte Erde übrig bleibt. In Bludenz und Hohenems wird es ohne Zusammenarbeit nicht gehen, niemand hat die absolute Mehrheit.

War es geschickt, den Nichtwahlkampf auszurufen?

Rhomberg: Ja, schon aus finanziellen Gründen. Die Parteien haben sich auf einen Wahlkampf ohne Plakate geeinigt, was im Nachhinein spannend sein kann: Braucht es überhaupt welche? Es gibt Studien, laut denen Plakate zwei Effekte haben. Sie mobilisieren Funktionäre und bringen ein besseres Gefühl bei den Kandidaten selbst.

Zur Person

Prof. Dr. Markus Rhomberg
Professor für politische Kommunikation an der Universität Friedrichshafen

Geboren: 19. Mai 1979 in Bregenz

Laufbahn: Magisterarbeit 2004: „Politische Inszenierung und Theatralität in der massenmedialen Vermittlung“. Promotion in Wien 2006, seit August 2009 Leitung des Forschungsprojekts „Reformkommunikation“ in Friedrichshafen