Das alte Rom
Der frühere Wissenschaftsminister und Rektor der Universität Innsbruck, Karlheinz Töchterle, schrieb unlängst einen Blogbeitrag über Föderalismus und Zentralismus im antiken Rom. Das Reich der Römer war stark, so lange es den unterworfenen Gebieten eine relativ weitreichende Autonomie gewährte. Es ging unter, als die Römer versuchten, alle wesentlichen Entscheidungen in Rom zu konzentrieren.
In Österreich kommt dazu, dass die Zentrale nicht nur ein immer größeres Gewicht anstrebt. Auch praktisch alle Einrichtungen, die für den Gesamtstaat arbeiten, sind in Wien konzentriert. Nicht nur alle Ministerien, auch der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof, der Oberste Gerichtshof und der Rechnungshof haben ihren Sitz in Wien. Das ist nur eine bespielhafte Aufzählung, die noch lange fortgesetzt werden könnte.
Dieser Zustand hat für die Länder dramatische Auswirkungen. Immer mehr qualifizierte Jobs, vor allem im juristischen, aber auch im ökonomischen, technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, wandern nach Wien ab. Ökonomisch ist dieser sogenannte brain-drain bestens ausgebildeter Leute auch in Vorarlberg eine große Gefahr für die Innovationsfähigkeit und eine Schwächung für die Wirtschaft.
Die Landtage fordern mittlerweile lautstark, dass Bundesstellen von gesamtstaatlicher Bedeutung in die Länder verlegt werden, wie das etwa in der Schweiz oder in Deutschland seit Jahrzehnten selbstverständlich ist und bestens funktioniert. Die österreichische Praxis läuft allerdings in die Gegenrichtung, wie sich aktuell an der Diskussion über ein sogenanntes „Haus der Geschichte“ zeigt. Das Projekt soll die österreichische Zeitgeschichte darstellen und nach offiziellen Schätzungen 47 Millionen Euro kosten, zu denen nach Auffassung des Rechnungshofs mindestens weitere 40 Millionen hinzukommen. Andere Schätzungen sprechen sogar von 110 Millionen.
Während unabhängige Wissenschafter die Sinnhaftigkeit des Projekts überhaupt infrage stellen, streiten sich in Wien handverlesene Historiker über die politische Ausrichtung. Dass auch außerhalb Wiens Zeitgeschichte stattgefunden hat, und ein entsprechendes Museum nicht unbedingt neben allen anderen Zentralstellen stehen muss, darüber wird nicht einmal geredet.
Die Länder, aus denen die Republik 1945 wieder entstanden ist, sollten sich das nicht gefallen lassen.
Auch praktisch alle Einrichtungen, die für den Gesamtstaat arbeiten, sind in Wien konzentriert.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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