Weniger Dienstzeit an Grenzen erzeugt Unmut

Vorarlberg / 26.01.2016 • 19:54 Uhr
Lustenau will sich gegen den Verkehr zur Wehr setzen.  Foto: VN
Lustenau will sich gegen den Verkehr zur Wehr setzen. Foto: VN

Schweizer reduzieren Abfertigungskapazität. Lustenau droht mit Kampfmaßnahmen.

Lustenau. (VN) An vier Schweizer Zollstellen werden ab 1. Februar die Dienstzeiten für Abfertigungen im Reisendenverkehr reduziert – die VN berichteten. Dagegen laufen nun die Lustenauer Politiker Ernst Hagen (FPÖ, 63), Daniel Steinhofer (ÖVP, 37) sowie Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP, 52) Sturm. Hagen hat im Landtag eine Anfrage an Verkehrslandesrat Karlheinz Rüdisser (ÖVP, 60) gerichtet. Er will darin Antworten über eine mögliche Zunahme des Grenzverkehrs bei Lustenau, wo das Zollamt als einziges im Rheintal über 24 Stunden geöffnet hat. Daniel Steinhofer will in seiner Funktion als Verkehrssprecher der ÖVP etwaige negative Folgen für die Marktgemeinde abwenden.

Fraktionsgespräche

Bürgermeister Fischer findet für die bald in Kraft tretenden Maßnahmen harte Worte. „Zuerst Mäder, und jetzt das. Man glaubt offensichtlich, Lustenau könne immer mehr Verkehr schlucken. Aber das werden wir uns nicht gefallen lassen. Das war ein Tiefschlag in die Magengegend“, macht Fischer seinem Unmut Luft und legt nach: „Es ist doch offensichtlich: Während in Diepoldsau, St. Margrethen, Schaanwald und Kriessern die Abfertigungszeiten reduziert werden, bleibt Lustenau/Au das einzige Zollamt mit einem 24- Stunden-Betrieb. Statt, wie im Verkehrsplanungsprozess vorgesehen, Lustenau zu entlasten, passiert das Gegenteil. Die tun so, als ob es uns nicht gäbe.“

Fischer kündigt an, gemeinsam mit den anderen Fraktionen in der Gemeinde Kampfmaßnahmen mit einer Lahmlegung der Grenze zu überlegen. „Dann würden einmal alle sehen, wie es bei uns an der Grenze zugeht.“

Zoll nimmt Stellung

Weniger dramatisch sehen Zollexperten auf beiden Seiten des Rheins die Situation. Die vier Schweizer Zollämter hätten ihre Abfertigungszeiten für den Reisendenverkehr (hauptsächlich Pkw) ihren Kollegen über der Grenze angepasst. Den Schweizer Konsumenten entstünden dadurch praktisch keine Nachteile. Für Warendeklarationen stehen an den Schweizer Grenzen zudem Boxen mit entsprechenden Formularen bereit. Die könne der Passant ausfüllen und bekomme dann von der entsprechenden Stelle eine Zahlungsaufforderung, heißt es aus Vorarlberger Zollkreisen.

In einer Aussendung des Schweizer Zolls heißt es: „Der Grenzübertritt bei den betroffenen Grenzübergängen ist weiterhin auch mit Privatwaren rund um die Uhr möglich.“

Andere Schwerpunkte

Die Hintergründe für die getroffenen Maßahmen vonseiten der Schweizer Zollbehörden werden von diesen offen kommuniziert. „Migrationsströme, der Ausbau der internationalen Einsätze, der ständig wachsende Bedarf an Ausbildung (z.B. Terror, Amok), die Bildung von Reserven für nationale Schwergewichtseinsätze sowie die Belastung durch zahlreiche weitere Projekte haben die Rahmenbedingungen für das Grenzwachtkorps in den vergangenen Jahren und Monaten verändert“, wird von den Schweizern argumentiert.

Bürgermeister Fischer beklagt dennoch: „Mit uns haben die Schweizer keinen Kontakt aufgenommen.“ Er will jetzt das Land in die Pflicht nehmen, um sicherzustellen, dass Lustenau durch die Reduzierung der Öffnungszeiten an den Zollstellen keinerlei Nachteile für die Marktgemeinde erwachsen.

Private Dienstleister?

Der schon vorher starke Reisendenverkehr nach Vorarlberg durch Schweizer Staatsbürger hat nach der Erhöung des Franken-Kurses noch weiter zugenommen. Speziell an Samstagen haben heimische Zollmitarbeiter mit der Abstempelung der Rechnungen für die Rückholung der Mehrwertsteuer durch Schweizer Konsumenten alle Hände voll zu tun.

Diesbezüglich deutet sich laut Auskunft aus Zollkreisen jedoch eine Lösung an. Wie die VN in Erfahrung brachten, wird die teilweise Übernahme der sogenannten U-34-Abstempelungen (Ausfuhrnachweis für Umsatzsteuerzwecke) durch private Anbieter überlegt. Die Dienstleister müssten freilich mehrere Voraussetzungen für die Übernahme dieser Tätigkeit erfüllen.

Diese Maßnahme könnte laut Einschätzung eines Zollbeamten sogar ein probates Mittel dafür sein, eine stärkere Auffächerung des Pkw-Verkehrs herbeizuführen und die Zollbediensteten zu entlasten.

Wir müssen uns gemeinsam Protestmaßnahmen überlegen.

Kurt Fischer
Weniger Dienstzeit an Grenzen erzeugt Unmut