“Ich hoffe auf die Solidarität aller”

An Extrem-Maßnahmen gegen die Rinder-TBC will Schwärzler noch nicht denken.
Bregenz. Jeden Tag neue Meldungen von positiven Tests in den heimischen Kuhställen, verzweifelte Bauern, zerknirschte Jäger: Die Rinder-TBC hat Vorarlberg fest im Griff. Was tun dagegen? Antworten von Landwirtschaftslandesrat Erich Schwärzler.
Die TBC-Problematik entwickelt sich zu einem Flächenbrand. Wie ist Ihre generelle Einschätzung der Lage?
Schwärzler: Es überrascht mich schon, wie massiv das Problem derzeit auftritt. Nach den erfreulich verlaufenen Testungen im Vorjahr haben wir einfach nicht mit dieser Präsenz der TBC-Verdachtsfälle oder Fällen von offener TBC bei Vieh gerechnet. Ich glaube, dass es in freier Wildbahn einfach zu viele infizierte Wildtiere gab, offensichtlich auch solche mit offener TBC. Die Bauern in den gefährdeten Gebieten sind in einer sehr schwierigen Situation.
Müssen sich die Behörden nicht vorwerfen lassen, das Problem unterschätzt und zu wenig dagegen getan zu haben?
Schwärzler: Nach meinem derzeitigen Informationsstand nein. Sie sind die Sache in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen in Wien ordentlich angegangen.
Zuständige aus Wien waren wegen dem Problem Rinder-TBC im Land. Was taten sie hier?
Schwärzler: Es waren zwei Vertreter vom Gesundheitsministerium da und ein Vertreter von der Agentur für Ernährungssicherheit (Anm.: AGES). Sie haben sich gewissenhaft über die Situation informiert, wollten etwaige Zusammenhänge mit der Problematik in Tirol und dem Allgäu herausfinden und haben mit uns die nun vorzunehmenden Maßnahmen besprochen.
Stichwort Maßnahmen. Von Tirol berichtete der dort zuständige Landesveterinär Kössler von erfolgreichen Radikalmaßnahmen gegen das verseuchte Wild. Es wurden viele Tiere in Fanggatter getrieben und erlegt? Ist das für Vorarlberg keine Option?
Schwärzler: Nein, das will ich nicht. Ich hoffe auf die Solidarität aller in dieser schwierigen Zeit. Die Jäger haben mir versichert, dass sie das Problem verseuchtes Wild massiv angehen und ihre Abschüsse tätigen. Dann werden solche Extrem-Maßnahmen hoffentlich nicht notwendig sein.
Sind die Bauern nicht vielleicht auch ein bisschen schuld an dieser Misere? Wenn sie zum Beispiel Grundbesitzer sind und Jagden verpachten, die vor allem dann rentabel sind, wenn es da viel Wild gibt?
Schwärzler: 70 bis 80 Prozent jener, denen Jagdgebiete bei uns gehören, sind nicht Bauern. Es stimmt nicht, dass die Bauern an dieser Situation schuld sind.
Stichwort Testverfahren. Der Bezirksveterinär von Bludenz sprach von einem neuen Testverfahren, das besser sei als das alte. Dies lässt den Umkehrschluss zu: Mit dem alten Verfahren wurde vieles nicht erkannt.
Schwärzler: Die AGES hat dazu eindeutig Stellung bezogen. Es gibt demnach kein Testverfahren, das nicht funktioniert hat. Das hat Professor Schmoll von der AGES Mödling eindeutig festgehalten. Die verwendeten Testsysteme funktionieren. Es gibt damit keine Probleme.
Es scheint nun auch in anderen Landesteilen Fälle von TBC-Verdachtsfällen zu geben. Ein Besucher des VN-Stammtisches sprach von einer tickenden Zeitbombe.
Schwärzler: Was stimmt ist, dass es außerhalb der Kern- und Randzonen von Klostertal und Silbertal durchaus auch Einzelfälle von infiziertem Wild gibt. Aber das war auf Einzelfälle beschränkt. Natürlich müssen bei der Kontrolle auch die anderen Regionen berücksichtigt werden – keine Frage.
Wie viele aktuelle Hofsperren gibt es denn derzeit?
Schwärzler: Aktuell wegen Verdachtsfällen gesperrt sind derzeit neun Höfe. Vier Höfe mussten gesperrt werden, weil die Tiere dort Kontakt mit einem betroffenen Betrieb hatten. Von diesen vier Ställen gibt es jedoch keine Verdachtsmeldungen. Fünf Höfe sind noch gesperrt, weil sie unter Verdacht gerieten. Da man aber nichts fand, müssen sie nun noch einmal getestet werden.
Wer zahlt die Entschädigungen für getötete Tiere?
Schwärzler: Die werden aus dem Seuchenfonds des Bundes bezahlt. Das Land Vorarlberg kommt jedoch für alle anderen Kosten auf, die einem Landwirt im Schadensfall erwachsen.
Die Jäger haben mir versichert, dass sie das Problem angehen.
Erich Schwärzler