“Präsident ist Alleingänger”

Vorarlberg / 02.03.2016 • 19:55 Uhr
Andreas Hagspiel fordert Moosbrugger heraus.
Andreas Hagspiel fordert Moosbrugger heraus.

Schlachthof, Viehhalle und Führungsstil entzweien Kandidaten für Kammerwahl.

Schwarzach. Der regierende Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, Dornbirner, dreifacher Familienvater, Landwirt und auch Stadtrat tritt in den Ring gegen den zweifachen Familienvater Andreas Hagspiel, der in Hohenems einen Hof bewirtschaftet und seit fünf Jahren Bauernvertreter bei den Freiheitlichen ist.

Ist Vorarlberg für Bauern eine gute oder schlechte Region?

Moosbrugger: Vorarlberg ist eine gute Region für die Bauern. Wir haben in den letzten Jahren mit einer klaren agrarpolitischen Konzeption bewiesen, dass Lebensmittelproduktion, Abgeltung der öffentlichen Leistungen, Landschaftspflege und bäuerliche Dienstleistungen gute Voraussetzungen für die Zukunft sind. Wir haben zu Recht auf Klasse statt Masse gesetzt. Im Milchbereich halten wir einem internationalen Preisvergleich stand, im Fleischbereich funktioniert das nicht.

Hagspiel: Vorarlberg ist für die Landwirtschaft sicher eine der schönsten Regionen. Allerdings ist in den letzten fünf Jahren das bäuerliche Einkommen gesunken. Die Herausforderungen für die Landwirte sind ständig gestiegen. Tatsache ist auch, dass die Abhängigkeit von öffentlichen Zahlungen jedes Jahr größer wird. Das ist eine bedenkliche Situation. Und man hat gesehen, was passiert, wenn diese öffentlichen Gelder nicht zeitgerecht ausgezahlt werden.

Gibt es Missstände bei Höhe und Pünktlichkeit der Auszahlung von öffentlichen Geldern für Leistungsabgeltung?

Moosbrugger: Das vergangene Jahr war sicher eine schwierige Herausforderung. Es passierte auch nicht, was vereinbart worden war. Da hat uns Brüssel einen ordentlichen Streich gespielt. Ab heuer sollen die Gelder wieder zeitgerecht einlangen.

Hagspiel: Die Ämter in Brüssel und Wien hätten genug Zeit gehabt, alles wie vereinbart umzusetzen. In Deutschland kamen die Gelder früher.

Herr Hagspiel, was hat Josef Moosbrugger in den letzten Jahren falsch gemacht?

Hagspiel: Ich will zuerst sagen, dass auch gute Arbeit von ihm gemacht wurde. Ich will nicht alles schlechtreden. Aber Tatsache ist, dass Josef Moosbrugger ein Alleingänger ist. Die Teamarbeit fehlt mir sehr, die Miteinbindung anderer Meinungen fehlt noch mehr.

Moosbrugger: Das finde ich verwunderlich. Es tagen Ausschüsse der Kammer – da wird breit diskutiert. Es gibt zu vielen Themen einstimmige Beschlüsse, vor allem auch in der Vollversammlung. Da wundere ich mich schon, wenn man am Ende einer Periode nicht viel mehr findet, als Kritik zu üben an einer Person. Einer muss die Landwirtschaft nach außen vertreten. Ich habe in den letzten Jahren bewiesen, dass wenn andere den Kopf einziehen, dann steht der Präsident für den bäuerlichen Berufstand gerade.

Stichwort Schlachthof Dornbirn. Ist es die Schuld des Präsidenten, dass der alte Schlachthof zusperrt?

Hagspiel: Die Tatsache, dass die Stadt Dornbirn sich aus dem Schlachthofbetrieb zurückzieht, muss man akzeptieren. Nur macht es ein schlechtes Bild, wenn der Stadtrat Josef Moosbrugger für die Schließung stimmt. Nun muss man alles daransetzen, dass man in Vorarlberg einen Schlachtbetrieb hat. Wir brauchen einen Schlachtbetrieb im Großraum Dornbirn, Lustenau, Hohenems. Denkbar wäre das als Teil eines Agrarzentrums Hohenems.

Moosbrugger: Zur Abstimmung in der Stadtvertretung möchte ich sagen: Die Stadt Dornbirn hat lediglich beschlossen, dass sie nach 2016 nicht bereit ist, den Betrieb alleine weiterzuführen. Da wurde nicht über die Schließung abgestimmt. Es ging darum, dass der Betrieb von einem anderen Betreiber mittelfristig übernommen wird, bevor über einen anderen Standort, über die Neuausrichtung eines Schlachthofs entschieden wird. Wir suchen einen Betreiber.

Aber das tun Sie schon seit vergangenem Herbst.

Moosbrugger: Es gibt auch wieder neue Interessenten, die bisher noch nicht im Boot waren. Ich lasse mich da nicht drängen. Es ist gescheiter, wohlüberlegt eine gute Lösung zu erreichen, als Schnellschüsse zu tätigen. Bis Mitte des Jahres soll’s einen Nachfolger geben.

Hagspiel: Wir könnten uns eine partnerschaftliche Konstellation beim Schlachthof vorstellen – ob genossenschaftlich oder in einer anderen Form.

Moosbrugger: Herzlich willkommen. Namen auf den Tisch. Alle bringen, die morgen bereit sind einzusteigen und auch Kapital in die Hände zu nehmen.

Was darf ein Kilo Rind- oder Schweinefleisch kosten, damit ein Landwirt überlebt?

Hagspiel: Das Kilo Rindfleisch ist im Moment bei 5,60 Euro, ein Kilo Schweinefleisch kostet 1,16 Euro. Schweinefleisch liegt ganz klar unter dem Erzeugerpreis. Für ein Ferkel bekomme ich also genauso viel wie mein Vater vor 50 Jahren. Wir haben keine Chance, mit den europäischen Preisen mitzuhalten. Man hat noch nie so wenig Geld für Essen ausgegeben, und man hat noch nie so viel weggeworfen.

Moosbrugger: Das Dilemma liegt im System. Der Handel gibt den Preis vor. Wir sollten die Preise von unten nach oben machen. Das heißt ausgehend von der Produktion, damit am Ende ein fairer Preis für den Landwirt herausschaut.

Was ist Ihr Ziel für die Wahl?

Hagspiel: Ein Plus an Stimmen und Mandaten. Derzeit haben wir zwei von 14. Alles andere wäre unrealistisch.

Moosbrugger: Mein Ziel ist das Halten des bisherigen Mandatsstandes von zwölf.

Thema Viehversteigerungshalle. Ist die jetzt beschlossene kleinräumige Lösung mit einer Renovierung des alten Standorts zu aller Zufriedenheit?

Moosbrugger: Wir haben jetzt nach vielen Abwägungen eine sehr kostensparende und gute Variante gewählt. Wir werden die erste Bauetappe in der versteigerungsfreien Zeit im Sommer durchführen. Mir ist lieber eine wohlüberlegte, kostensparende Lösung als ein Schnellsschuss. Wir hatten ursprünglich kostenintensivere Pläne.  Jetzt können wir um 1,3 Millionen Euro eine Anlage umsetzen, die den Anforderungen entspricht.

Hagspiel: Also ein Schnellschuss ist das nicht. Auf der Vollversammlung 2014 ist noch beschlossen worden, die Halle komplett um sieben bis acht Millionen Euro zu sanieren.

Wie sollen die Bauern auf die TBC-Gefahr reagieren? Müssen viele Bauern heuer möglicherweise auf die Alpung verzichten?

Hagspiel: Jetzt ist Feuer am Dach. 16 Betriebe dürfen derzeit keine Milch verkaufen. Das ganze Problem haben wir schon sechs Jahre. Jeder Tag, den man untätig bleibt, ist ein verlorener Tag.

Moosbrugger: Wir müssen standhaft bleiben, auch wenn die Kritik von der Gegenseite sehr heftig war. Das Rotwild ist zu reduzieren, auch in den anderen Landesteilen als nur den jetzt betroffenen, Fütterungen müssen dezentralisiert werden.

Präsident Moosbrugger ist haushoher Favorit. Fotos: VN/Steurer
Präsident Moosbrugger ist haushoher Favorit. Fotos: VN/Steurer