Testkäufer bald auch bei Tabak

Vorarlberg / 17.03.2016 • 19:44 Uhr
2012 wurde 72 Prozent die Ausgabe von Alkohol verweigert, 2013 78 Prozent und 2014 74 Prozent. Foto: DPA
2012 wurde 72 Prozent die Ausgabe von Alkohol verweigert, 2013 78 Prozent und 2014 74 Prozent. Foto: DPA

75 Prozent der Geschäfte halten sich an das Gesetz. Rauch kritisiert Umgang mit Roma.

Bregenz. Es ist kaum mehr vorstellbar: Ein 14-Jähriger hätte gerne eine Flasche Schnaps – und bekommt sie. Zumindest in 75 Prozent der Vorarlberger Handelsbetriebe klappt das nicht mehr. Der Umkehrschluss: 25 Prozent verkaufen nach wie vor gebrannten Alkohol an Minderjährige. Dies ergaben die Testkäufe der Vorarlberger Kinder und Jugendanwaltschaft. Die Zahlen sind Teil des Jahresberichts 2015, den Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch am Donnerstag präsentierte.

Rauch ist sich sicher: Der gute Wert liegt an den Testkäufen. Deshalb sollen auch Zigarettenverkäufer regelmäßig und unabhängig geprüft werden. Der zuständige Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) gibt auf VN-Nachfrage bekannt, noch dieses Jahr ein Pilotprojekt starten zu wollen.

Seit 2003 führt das Land Testkäufe in Geschäften und Tankstellen durch. 2015 versuchten 14- und 15-Jährige insgesamt 181 Mal, gebrannten Alkohol zu kaufen. In 135 Fällen haben die Verkäufer nach dem Jugendschutzgesetz gehandelt. 46 Mal nicht. „Auffallend ist das schlechte Ergebnis in den Bezirken Dornbirn und Bregenz, mit jeweils rund 30 Prozent“, weist Rauch hin. In beiden Bezirken haben 2014 noch 22 Prozent der Tester Alkohol bekommen. Erfreulich sei hingegen die deutliche Besserung in Bludenz (von 32 auf elf Prozent) und dem Bregenzerwald (von 25 auf 18 Prozent). 2003 haben noch 79 Prozent aller Testkäufer ein Getränk erhalten.

Das sogenannte „Mystery-Shopping“ soll nun auch bei Zigaretten kommen. Laut Rauch sei dies bisher nur unregelmäßig geschehen, meistens von der Wirtschaftskammer selbst veranlasst. Er ist sich sicher: „Dafür sollten die jugendlichen Testkäufer professionell begleitet und geschult werden.“ Jetzt startet das Land eine eigene Prüfung, wie beim Alkohol. Der zuständige Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) berichtet: „Bisher war es nicht im Budget. Aber ich habe entschieden, noch dieses Jahr ein Pilotprojekt zu starten.“ In welchem Bezirk die ersten Testkäufe ablaufen, will er bald festlegen. Auf Basis dieser Zahlen soll dann bestimmt werden, ob das Projekt auf das ganze Land ausgedehnt wird.

Flüchtlinge und Roma

187 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) befinden sich derzeit im Land, 26 davon in Erwachseneneinrichtungen. „Die Zahl ist schon viel geringer als noch vor einigen Monaten. Das ist sehr erfreulich“, berichtet Rauch. In diesem Bereich lobt er die Landesregierung. Sie habe es geschafft, die Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zu einem Kompetenzzentrum für UMF auszubauen. Insgesamt leben 800 geflüchtete Kinder in Vorarlberg. Die Situation der Notreisenden, meist Roma, im Land sei hingegen unbefriedigend. Rauch schätzt, dass bis zu zehn Kinder hier leben, die 14 Jahre oder jünger sind. Weiters gebe es an die fünf hochschwangere Frauen. Sie leben teilweise in Notschlafstellen. „Diese dürfen nicht nur im Winter offen sein“, fordert er. Rauch missbilligt auch die Idee, den Frauen ihre Kinder wegzunehmen. „Für so etwas gibt es klare rechtliche Bedingungen. Es bringt das Bild des alten Jugendamtes zurück in die Köpfe. Das wäre ein Rückschritt“, warnt er.

Am Ende der Präsentation weist Rauch darauf hin, dass Österreichs Kinder- und Jugendanwälte nach wie vor für ein österreichweites Jugendschutzgesetz eintreten. Das wäre im Sinne der Jugend. „Aber ich halte es mittlerweile für aussichtslos, dass sich die Länder darauf einigen“, stellt er fest.

Ich halte es für aussichtslos, dass sich die Länder einigen.

Michael Rauch