Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Alt gegen Jung

Vorarlberg / 30.06.2016 • 19:42 Uhr

Das Resultat der „Brexit“-Abstimmung mit einer Mehrheit von 52% zu 48% der Briten, die für den Austritt votierten, kam für viele – beispielsweise für die Londoner Buchmacher und für mich – mehr als nur überraschend. Sofort wurde nach Erklärungen gesucht. Eine der einprägsamsten bestand darin, dass die Mehrheit der älteren Generation für den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU gestimmt hat, während die Jungen mit deutlicher Mehrheit für den Verbleib gewesen sind. Schnell machte der dümmliche Spruch die Runde, dass die Alten für ihre eigenen Interessen die Zukunft der Jungen aufs Spiel gesetzt haben.

Dieses gegeneinander Ausspielen der Generationen erinnert an die ebenso wenig intelligente Gegenüberstellung der angeblich verschlossenen und konservativen Landbewohner, die mehrheitlich für den FPÖ-Kandidaten Hofer votiert hatten, und der liberalen und weltoffenen Städter, die überwiegend für den Grünen Van der Bellen gestimmt hatten, nach der österreichischen Bundespräsidentenwahl.

 

Die Wahrheit schaut etwas differenzierter aus. Es mag wohl sein, dass die überwiegende Zahl der am Referendum teilnehmenden jungen Briten für den Weiterverbleib ihres Landes in der EU gestimmt hat. Nach den Erkenntnissen der Meinungsforscher haben aber von den 18- bis 24-Jährigen nur 36% an der Wahl teilgenommen. Bei den 25- bis 35-Jährigen waren es zwar schon 58%, aber an die Werte der älteren Generation, die sich mit über 80% an der Wahl beteiligt hat, kamen auch sie bei Weitem nicht heran. Demnach haben also nicht die Alten die Jungen um ihre Zukunft betrogen, vielmehr haben die Jungen das selbst übernommen, indem sie einfach nicht zur Wahl gegangen sind. Dies lag auch daran, dass man im Vereinigten Königreich seinen Stimmausweis nicht einfach zugeschickt bekommt, sondern erst bei der Behörde beantragen muss. Das ist eben der Nachteil, wenn es, anders als bei uns, kein Melderegister gibt, auf dessen Grundlage der Staat genau weiß, wo sich seine Untertanen gerade aufhalten.

 

Für die politische Bildung der jungen Leute ist die Brexit-Abstimmung buchstäblich ein Lehrbeispiel: Ihr solltet nicht andere für Abstimmungsresultate, die euch nicht passen, verantwortlich machen. Geht selbst zur Wahl, wenn ihr nicht wollt, dass andere über euer Schicksal bestimmen.

Für die politische Bildung der jungen Leute ist die Brexit-Abstimmung buchstäblich ein Lehrbeispiel.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.