Junge Flüchtlinge ohne Schulplatz

Ab der zehnten Schulstufe dürfen Flüchtlinge keine Pflichtschule mehr besuchen.
Schwarzach. Endlich schulfrei. Am vergangenen Freitag verabschiedeten sich Vorarlbergs Schüler in die Sommerpause. Die meisten werden sich im neuen Schuljahr wiedersehen. Auch in der Mittelschule Mittelweiherburg in Hard. Einer wird aber fehlen: Fawad. Der 16-Jährige aus Afghanistan würde vom Alter her bereits die elfte Schulstufe absolvieren. Das darf er nicht, er muss die Schule verlassen. Das zehnte Schuljahr durfte er nur besuchen, weil er bereits zuvor in der Harder Schule war.
In Österreich besteht die Schulpflicht bis zum neunten Schuljahr. Danach darf ein Schüler die Schule auch ohne Abschluss verlassen, kann freilich auch bleiben. Bei sogenannten außerordentlichen Schülern ist das anders. Sie werden nicht benotet, aber besonders gefördert. Sie sind dennoch Teil der Klassengemeinschaft. Wie Fawad. Er flüchtete mit seinen Eltern und seiner Schwester aus Afghanistan, im Frühjahr 2015 kam er nach Hard. Seit April des Vorjahres besucht er die Mittelschule Mittelweiherburg. Zwei Jahre lang darf ein Schüler als „Außerordentlich“ unterrichtet werden, Fawad hätte also noch ein Jahr. Er würde freiwillig ein elftes Schuljahr anschließen, berichtet Schuldirektor Christian Höpperger. Dies bräuchte Fawad auch, meint er. Einiges habe er schon gelernt, die Lehrer würden ihn gerne weiter unterstützen, sagt Höpperger. Seine Sprachkentnisse seien noch zu schlecht, um ihn als normalen Schüler weiterzuführen. Dann dürfte Fawad bleiben.
Eigene Übergangsklassen
Schullandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) bestätigt: „Ich sehe diese Regelung gerade angesichts der Flüchtlingssituation kritisch und habe dies gegenüber dem Bildungsministerium auch bereits deponiert.“ Wie viele Jugendliche davon betroffen sind, sei nicht feststellbar. Laut Mennel würden sich besonders die polytechnischen Schulen für außerordentliche Schüler anbieten. Dort könnten sie ein Orientierungsjahr absolvieren. Etwas Ähnliches gibt es bereits. Das Bildungsministerium bietet für Jugendliche, die nicht mehr in die Schulpflicht fallen, Übergangsklassen an. In Vorarlberg werden mittlerweile drei solche Klassen angeboten; zwei in der HAK Feldkirch, eine an der HTL Bregenz. Rund 50 Schüler im Alter zwischen 15 und 20 Jahren nutzen dieses Angebot.
Auch das Ressort von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) verweist auf die Übergangsstufen. „Wir sehen das als den richtigen Weg, damit die jungen Flüchtlinge gezielt und schnell die deutsche Sprache lernen und zum Beispiel an einen Lehrberuf herangeführt werden können“, erklärt eine Sprecherin.
Für unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF) gibt es auch abseits der Schule einen geregelten Tagesablauf. Zumindest haben die Betreuungseinrichtungen dafür zu sorgen. „Die minderjährigen Flüchtlinge werden in Deutschkurse eingebunden, machen Praktika oder eine Lehre“, heißt es dazu aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne). 222 unbegleitete Flüchtlinge sind aktuell in Vorarlberg, 17 davon sind 14 Jahre alt oder jünger und damit schulpflichtig.
Fawad ist schon länger nicht mehr schulpflichtig, nun hat er auch kein Recht mehr auf die Schule. Wie es für ihn weitergeht, steht noch nicht fest. Vielleicht wird auch er bald eine Übergangsklasse besuchen.
Ich sehe dies angesichts der Flüchtlingssituation kritisch.
Bernadette Mennel