Andere Sitten
In Österreich dürfen Asylwerber nicht arbeiten, weil dadurch unser strenges Ausländerbeschäftigungsgesetz unterlaufen werden könnte. Andere Länder sind großzügiger: In der Schweiz dürfen Asylwerber arbeiten, wenn ihr Verfahren länger als drei Monate dauert. In Liechtenstein müssen sie sogar, sofern sie eine Arbeit finden. Aber so ist es halt: Andere Länder, andere Sitten.
Während des schleppend langen Asylverfahrens zur Untätigkeit verpflichtet zu sein, fördert nicht gerade die Integration von Menschen, die zum größten Teil bei uns bleiben werden. Das Projekt „Nachbarschaftshilfe“ der Caritas, das es Asylwerbern ermöglichte, Gartenarbeiten bei Gemeinden und Privaten zu verrichten und dafür eine kleine Bezahlung zu erhalten, ist eine gute Idee. Das Projekt, das auf freiwilligen Spenden beruhte, gab es offenbar schon seit vielen Jahren. Erst jetzt haben die vielbeschäftigten Beamten des Sozialministeriums daran Anstoß genommen und seine Fortsetzung auf der Stelle untersagt. Der Grund: Das Projekt umgehe die strengen Vorschriften Österreichs über die Ausländerbeschäftigung. Außerdem sei die Verrichtung von Arbeiten für eine so geringe Entlohnung geradezu Sklaverei.
Diese Begründung ist ausgesprochen zynisch: Die Entlohnung war deshalb so niedrig, weil das Eingehen ordentlicher Beschäftigungsverhältnisse rechtlich nicht möglich war. Außerdem war damit gesichert, dass die Asylwerber nicht in Konkurrenz zu heimischen Arbeitskräften traten. Aufgrund der Mindestsicherung hat es – zum Glück! – kein Österreicher nötig, um diesen Betrag zu arbeiten. Es gab also keinen sachlichen Grund, das Projekt zu untersagen. Ich bin mir nicht sicher, ob das Ministerium das Gesetz auf seiner Seite hat.
Das Beispiel steht nicht nur für viele Unsinnigkeiten, die die Sturheit der Ministerialbürokratie produziert, sondern zeigt, dass der regionale Arbeitsmarkt in Länderhand gehört. Es ist sinnlos, wenn von Wien aus, wo man offenbar die Verhältnisse auf dem Vorarlberger Arbeitsmarkt nicht kennt, bestimmt wird, wer in Vorarlberg arbeiten darf und wer nicht.
Hoffnungen, dass sich daran etwas ändern könnte, sind völlig unangebracht: SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch sekundiert dem Sozialministerium und macht in seiner Doppelfunktion als Gewerkschafter gegen das angebliche Lohndumping der „Nachbarschaftshilfe“ mobil. Wie sich das mit seinem vollmundigen Bekenntnis zur Solidarität mit Asylwerbern vertragen soll, weiß er wahrscheinlich selbst nicht.
Das Projekt, das auf freiwilligen Spenden beruhte, gab es offenbar schon seit vielen Jahren.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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