Großer Finanzspagat der Vorarlberger Gemeinden

Vorarlberg / 15.07.2016 • 18:52 Uhr
Großer Finanzspagat der Vorarlberger Gemeinden

Kosten für Soziales, Gesundheit und Wohnbau steigen stärker als die Steuereinahmen.

Schwarzach. Die Steuerreform ist nicht umsonst. Den Österreichern bleibt seit Jahresbeginn mehr Geld vom Gehalt, was wiederum weniger Geld für den Staat bedeutet. Als die Bürgermeister ihre Budgets für 2016 erstellten, kämpften sie mit diesem Umstand, die VN berichteten. Nach der ersten Hälfte des Jahres zeigt sich: Die Einnahmen gehen weniger zurück als befürchtet. Für die Kommunen ist das aber nur ein kleiner Trost. Die Antwort auf eine Anfrage der Freiheitlichen im Landtag zeigt nun, dass die 96 Vorarlberger Städte und Gemeinden zusammen auf Krediten von 688 Millionen Euro sitzen. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Bereiche Bildung, Soziales und Gesundheit in zehn Jahren um jeweils über 50 Prozent. Eine gefährliche Entwicklung, berichten Gemeindeverband und Bürgermeister. Insgesamt stiegen die Ausgaben von 970 Millionen auf 1,28 Milliarden Euro.

Schere geht auseinander

Peter Jäger ist Geschäftsführer des Vorarlberger Gemeindeverbandes. Er relativiert die Schulden: „Solange die Gemeinden die 688 Millionen Euro Darlehen aus dem laufenden Budget bedienen können, läuft alles rund.“ Fast die Hälfte davon, rund 300 Millionen Euro, fallen laut Jäger auf gebührenfinanzierte Projekte wie Kanalbauten. Diese Darlehen sollten im Idealfall mit den Gebühren bezahlt werden. Mehr Kopfzerbrechen bereitet Jäger die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben. „Die Ertragsanteile (Steuereinnahmen, die der Bund an die Gemeinden verteilt, Anm.) sind in den vergangenen zehn Jahren um jährlich 4,8 Prozent gestiegen. Die Kosten für Sozialfonds, Pflegefonds und so weiter allerdings um acht bis zwölf Prozent. Da muss man notgedrungen gegensteuern“, fordert Jäger.

Dieter Egger (FPÖ), Hohen­emser Bürgermeister und Anfragesteller im Landtag, erläutert: „Hinter den wachsenden Ausgaben steckt ein gesellschaftlicher Wandel. Mehr Armut, andere Familienstrukturen, eine bessere Medizin, das wirkt sich alles auf das Budget aus.“ In Götzis hat Bürgermeister Christian Loacker (ÖVP) eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die nach Sparpotenzial suchen soll. Eine Million Euro sei so schon gespart worden, berichtet er. „Wir müssen Prioritäten setzen und überlegen, ob wir etwa eine Straße flicken, bevor wir sie komplett erneuern.“ Weitaus optimistischer äußern sich Martin Summer (ÖVP, Rankweil) und Andrea Kaufmann (ÖVP, Dornbirn). „Es wird enger. Aber wir sind durch die Kommunalsteuer in einer guten Situation und können weiterhin gestalten.“ Und Summer fügt an: „Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir gut dastehen. Aber die Schere zwischen Ertragsanteilen und Fixausgaben klafft immer weiter auseinander.“ Alle Bürgermeister setzen auf den Finanzausgleich, der derzeit verhandelt wird.

Der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) ist für den Städtebund im Verhandlungsteam. Er warnt: „Aufgrund der steigenden Ausgaben wird der Gestaltungsspielraum enger. Die Innovationskraft der Gemeinden geht verloren.“ Städte würden überproportional viel Geld in die Landestöpfe – Beispiel Sozialfonds – einzahlen müssen. „Danach bleibt nicht mehr viel übrig“, moniert Linhart.

Laut den befragten Bürgermeistern könne zumindest das aktuelle Budget eingehalten werden. Dies zeige die erste Bilanz zur Jahresmitte.