Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Kein schlankes Rehlein

Vorarlberg / 02.03.2017 • 19:01 Uhr

Bundeskanzler Kern hat vor einigen Tagen, nachdem sich wieder einmal eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Bundesstaatsreform konstituiert hatte, die Meinung vertreten, dass die österreichische Verwaltung nun einmal „kein schlankes Rehlein“ sei. Deshalb erachtet auch er eine Verwaltungsreform als notwendig. Unklar blieb lediglich, ob der Bundeskanzler die Verwaltung als ein bloß übergewichtiges Reh betrachtete oder ob er überhaupt an ein anderes Tier dachte.

Bemerkenswert ist, dass die Aussage des Regierungschefs nicht ganz mit dem harmoniert, was sein eigenes Amt publiziert. Auf der Homepage des Bundeskanzleramts gibt es nämlich unter „öffentlicher Dienst“ einen interessanten internationalen Vergleich zu sehen: Demnach verfügt Österreich über einen geringeren Anteil öffentlich Bediensteter als die meisten anderen OECD-Staaten (das sind die wirtschaftlich fortgeschrittenen Staaten der Welt). In Österreich beträgt dieser Anteil demnach etwa 10,7 Prozent, das wäre weniger als in Deutschland und viel weniger als in den skandinavischen Staaten, Frankreich oder Belgien, die einen Beamtenanteil von bis zu 30 Prozent aufweisen. Selbst die Schweiz ist nur marginal besser als wir. Geschlagen werden Österreich und die Schweiz überraschenderweise von Griechenland. Diese Sparsamkeit könnte uns alle als Geldgeber des maroden Landes nur freuen. Erstellt hat den Vergleich die renommierte OECD selbst, die uns immer wieder mit mehr oder weniger glaubwürdigen Statistiken aller Art, ob es nun um Bildung oder soziale Ungleichheit geht, versorgt.

Würde Christian Kern der Homepage des Bundeskanzleramts trauen, könnte er die neue Arbeitsgruppe auf der Stelle auflösen, weil wir ja ohnehin fast die Besten sind. Er vertraut den Rechenkünstlern der OECD, die das von den einzelnen Staaten gemeldete Datenmaterial gesammelt haben, jedoch zu Recht nicht. Es ist nämlich keineswegs gesichert, dass alle Staaten nach denselben Kriterien zählen. So werden Personen, die in Staatsbetrieben arbeiten, das eine Mal dem Staat zugerechnet, das andere Mal nicht.

Wie aufgebläht unsere Verwaltung also tatsächlich ist und mit welchem Tier sie am besten verglichen werden könnte, wissen wir nicht so genau. Unser Eindruck sagt uns nur: Ein schlankes Rehlein ist die österreichische Verwaltung wirklich nicht, da hat Christian Kern recht. Die Frage ist nur, ob er weiß, wo abgespeckt werden muss, nämlich primär in den Ministerien und ihren Dienststellen und nicht etwa bei Ländern und Gemeinden.

Bemerkenswert ist, dass die Aussage des Regierungschefs nicht ganz mit dem harmoniert, was sein eigenes Amt publiziert.

peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.