Bildungsreform vor Scheitern

Nach Absage an Modellregion Vorarlberg durch Minister Mahrer droht Grünen-Veto.
Wien, Bregenz. Die Verwirrung um die ÖVP in ihrer Haltung zur Bildungsreform und zur Modellregion Vorarlberg wird immer größer. Verantwortlich dafür ist auch der ehemalige Staatssekretär und jetzige Wirtschaftsminister Harald Mahrer (44). Während er im VN-Interview vom Freitag von dem Schulversuch zur Entwicklung einer gemeinsamen Schule Abstand nahm („Ich bekenne mich zu einem differenzierten Schulsystem“), klang das im VN-Gespräch vom 9. Juni 2016 noch anders. Damals outete sich Mahrer als eindeutiger Fan einer Umsetzung des Forschungsprojekts: „Es ist dies eine vollkommen neue Schule, ein vollkommen neuer Schulweg. Ich finde es total unfair gegenüber den Vorarlberger Freunden, dass man das immer als Gesamtschulmodell darstellt.“
Auch für LH Markus Wallner (49) ist die Modellregion für die Bildungsreform nicht von Bedeutung. Man solle sich auf das zentrale Anliegen der Reform, das Schulautonomiepaket, konzentrieren, „und nicht das eine mit dem anderen verbinden wollen“. Vorarlberger Interventionen in Sachen Modellregion seien unter den derzeitigen politischen Verhältnissen aussichtslos.
Zweidrittelmehrheit
Das Problem mit der Bildungsreform: Für einen Beschluss braucht es im Parlament eine Zweidrittelmehrheit. Diese kann auf der Zielgeraden der jetzigen Regierung nur dann zustande kommen, wenn neben SPÖ und ÖVP auch die Grünen zustimmen. Doch die tun das nur, „wenn es zumindest eine Absichtserklärung in Richtung Modellregion Vorarlberg gibt“, macht der grüne Bildungssprecher im Nationalrat, Harald Walser (64), klar. Walser hatte Wallner vorgeworfen, sich in Wien zu wenig für das im Landtag einstimmig beschlossene Forschungsmodell „Schule der Zehn- bis 14-Jährigen in Vorarlberg“ einzusetzen.
Vorwurf an Kurz
„Ich habe mit Schrecken vernommen, was Mahrer da zur Modellregion in Vorarlberg gesagt hat. Er widerspricht sich dabei selbst, wenn man sich vor Augen führt, wie er sich noch zuletzt zu diesem Thema geäußert hatte“, kommentiert Walser die Aussagen des nunmehrigen Wirtschaftsministers. Für den Grünen ist klar: „Kurz verordnet eine Abkehr vom bisherigen Kurs der reformfreudigen ÖVP-Vertreter. Wir werden jedoch zu unseren Bedingungen für eine Zustimmung zur Bildungsreform stehen. Wenn nicht einmal erkennbar ist, dass es in Richtung Modellregion geht, können wir der Reform nicht zustimmen.“
Weiteres Indiz für das Scheitern der Reform: Die Lehrergewerkschaft sieht im vorliegenden Papier keinerlei Verbesserungen und bemängelt pädagogische Inhalte. „Meine Traurigkeit bei einem Nichtzustandekommen hält sich in Grenzen“, sagt der Vorarlberger Schulgewerkschafter Gerhard Unterkofler (57). Norbert Loacker (64) hingegen wirft Minister Mahrer Präpotenz gegenüber einem Allparteienbeschluss in Vorarlberg vor.
Die Vorarlberger Neos orten Chaos bei Rot und Schwarz und sehen die Modellregion als gescheitert an.
Meine Traurigkeit würde sich doch in Grenzen halten.
Gerhard Unterkofler