Hilfe ist nur dank Spenden möglich

Concordia-Mitarbeiterin Burtscher erzählt, wie sich Hilfsorganisationen finanzieren.
Schwarzach. 26 Jahre ist es her, dass Georg Sporschill nach Bukarest reiste, um Kinder und Jugendliche von der Straße zu holen. Kurz darauf entstanden die Hilfsorganisation Concordia und mit ihr ein Sozialzentrum, Häuser für Familien und Lehrwerkstätten. Das Sozialprojekt finanziert sich aus Beihilfen, Förderungen und Spenden. Seit 2007 zählt Rumänien zu den EU-Mitgliedern, was die Finanzierung einfacher gemacht habe, erklärt Cornelia Burtscher. Sie leitet das Volontärsprogramm und das Qualitätsmanagement von Concordia und erzählt am Montag im Spielboden, wie Projekte und Organisationen finanziert werden können.
Unsichere Verhältnisse
Concordia in Rumänien finanzierte sich 2016 zu neun Prozent vom Staat. „Alle weiteren Mittel müssen wir durch Fundraisingaktivitäten auftreiben“, schildert Burtscher. „Durch den EU-Beitritt sind viele der Meinung, dass es die Länder langsam selber schaffen sollten, sich um ihre sozialen Probleme zu kümmern.“ Nach vier Jahren vor Ort sehe sie nach wie vor die Notwendigkeit der Hilfe: „Jedes zweite Kind lebt unter der Armutsgrenze.“ Dazu kommen unsichere politische Verhältnisse. „Im Herbst bekommen wir eine Summe fürs Folgejahr zugesprochen. Diese Summe kann sich im Laufe des Jahres ständig ändern, und dabei sprechen wir leider nicht von Erhöhungen.“ Deshalb spielen Spenden eine wichtige Rolle. „Gerade aus Vorarlberg bekommen wir seit 25 Jahren viel Unterstützung“, hält Burtscher fest.
Motivation für sogenannte Fundraisingaktivitäten – also Spendensammeln – schöpfen die Helfer aus den Erfolgen. Jetzt im Juni schließen Koch-, Kellner- und Bäckerlehrlinge ihre Ausbildung ab und können ins Arbeitsleben starten. „Die Freude, mit der sie berichten, wo sie eine Arbeit gefunden haben und wie gut ihre Abschlussprüfungen verlaufen sind, ist unbezahlbar“, erzählt Burtscher. Besonders hervorheben möchte sie Maria. Sie ist bei Concordia aufgewachsen, weil sich ihre Eltern nicht um sie kümmern konnten. Mittlerweile schließt Maria ihr zweites Pädagogik-Studienjahr ab. Cornelia Burtscher ist überzeugt: „Zufriedene und selbstständige Kinder, Jugendliche und Familien sind der beste Indikator für qualitativ hochwertige Arbeit.“
Abwanderung als Problem
Concordia arbeitet eng mit der Volksgruppe der Roma zusammen und weiß daher, womit diese Menschen zu kämpfen haben. „Sie haben es besonders schwer, einen Arbeitsplatz zu finden.“ Die Romaviertel seien abgeschnitten von Wasser, Strom und öffentlichem Verkehr und in einem katastrophalen Zustand. Cornelia Burtscher habe gelernt, nicht zwischen Roma und Nicht-Roma zu unterscheiden: „Das spielt in unserer Arbeit keine Rolle. Diese Sichtweise ist sehr förderlich, vor allem bei denjenigen, die mit unseren Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten. Sie übernehmen unbewusst diese Nichtunterscheidung.“
Die Situation in der Heimat sei der Hauptgrund für die Reise in den Westen, um zu betteln. Auch in Vorarlberg finden sich Notreisende. Man dürfe nicht alle in einen Topf werfen und mit den gleichen Maßnahmen begegnen, fordert Burtscher. „Hinter den Notreisenden stehen viele Einzelschicksale, die wir zunächst verstehen müssen, um zu wissen, wie wir mit ihnen umgehen können.“ Sinnvoll sei es jedenfalls, Projekte in den Heimatländern zu unterstützen. „Wir dürfen aber nicht glauben, dass wir dadurch die Quote auf null bringen.“ Auch die Herkunftsländer würden damit kämpfen: „Kinder, die ohne Eltern aufwachsen, alte Menschen, die sich nicht selbst versorgen können, und so weiter“, zählt Burtscher auf. Neben den Lebensbedingungen in der Heimat locken auch unseriöse Shuttle-Unternehmen die Menschen weg. Sie versprechen Unterkunft und Arbeitsplatz, was sich erst bei der Ankunft als Irrtum herausstelle.
Hinter den Notreisenden stehen viele Einzelschicksale, die wir zunächst verstehen müssen.
Cornelia Burtscher


Reihe Entwicklungszusammenarbeit im Gespräch. Montag, 19. Juni, 19 Uhr, Spielboden Dornbirn. Mit Cornelia Burtscher: „Wie entwickle ich Projekt-Finanzierungen?“