Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Elfmeter

Vorarlberg / 06.07.2017 • 20:28 Uhr

Aufgrund der Abschaffung des sogenannten Pflegeregresses darf ab 1. Jänner 2018 nicht mehr auf das Vermögen von Menschen zurückgegriffen werden, deren Pension und Pflegegeld nicht für die Begleichung der Pflegekosten, vor allem in Heimen, ausreichen. Vielen Betroffenen und ihren Angehörigen dürfte ein Stein vom Herzen gefallen sein. Jetzt muss niemand mehr versuchen, Vermögen rechtzeitig und trickreich vor dem Zugriff des Staates in Sicherheit zu bringen. Vor allem für den Mittelstand ist die Neuregelung eine enorme Entlastung.

Auf der anderen Seite steht, dass die Abschaffung des Pflegeregresses beachtliche Kosten nach sich ziehen wird. Die 100 Millionen Euro, die den Ländern vom Bundesgesetzgeber zugesichert wurden, werden natürlich nicht ausreichen. Mittlerweile spricht man allein in Vorarlberg von Mehrausgaben in der Höhe von 60 Millionen Euro. Man kann nämlich mit Sicherheit annehmen, dass in Zukunft deutlich mehr Menschen als bisher Heimpflege in Anspruch nehmen werden. Einerseits aus demografischen Gründen, andererseits deshalb, weil nunmehr die Heimpflege vor allem auch für die Angehörigen die wesentlich günstigere Lösung als bisher ist.

Die Länder und Gemeinden werden ihre Mehrkosten, wenn sie nicht vom Bund ersetzt werden, beim Verfassungsgerichtshof einklagen können. Ihre Chancen stehen sehr gut, weil der Bundesgesetzgeber mit der Abschaffung des Pflegeregresses von einem Tag auf den anderen den Finanzausgleich einseitig abgeändert hat. Außerdem hat er die gültige Vereinbarung über die Verhandlungspflicht bei Bundesgesetzen, die Länder und Gemeinden mit Kosten belasten, gebrochen. Die Rechtslage ist so eindeutig, dass eine Klage beim Verfassungsgerichtshof im Grunde ein Elfmeter ohne Tormann ist.

Es ist sicher in Ordnung, wenn der Staat in Zukunft nicht mehr auf hart ersparte Vermögen pflegebedürftiger Menschen zurückgreifen darf. Weniger erfreulich ist natürlich die Situation der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die die Rechnung in jedem Fall bezahlen müssen, egal, ob letztlich Bund, Länder oder Gemeinden auf den Kosten sitzen bleiben. Aber vielleicht nimmt man das Ganze auch zum Anlass, die Finanzierung des gesamten Pflegesystems grundsätzlich neu zu organisieren und nicht einfach wieder nach neuen Steuern zu rufen.

Auf der anderen Seite steht, dass die Abschaffung des Pflegeregresses beachtliche Kosten nach sich ziehen wird.

peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.