Mond, Natur, Mensch und mystische Momente

Der Vollmond hat negativen Einfluss auf Menschen – davon sind viele überzeugt.
Schwarzach. In der vergangenen Nacht um exakt 20:10:37 Uhr war es wieder einmal so weit: Die Sekunde des Vollmonds hatte geschlagen. Ein mystischer Moment, der sich in der Wahrnehmung von Menschen über viele Stunden, ja mehrere Tage erstreckt. Es ist die Zeit, in der uns der Erdtrabant als vollrunder Himmelskörper erscheint, dessen Licht uns in seinen Bann zieht.
Was wächst, was schrumpft
Viele Menschen leben nach dem Mondkalender und richten ihre Aktivitäten danach aus. Sie lagern Holz beim richtigen Zeichen, gehen zum Frisör nur bei abnehmendem Mond, pflanzen Gemüse nur bei zunehmendem Mond, lassen Dachstühle an ganz bestimmten Mondtagen errichten und vieles mehr. Der Mond bestimmt die Gezeiten, der Vollmond regt die Fantasie an und verändert Verhaltensweisen von Menschen.
Aber tut er das wirklich oder ist das alles nur Einbildung?
Die Wissenschaft liefert dazu wenig Argumente. Aber subjektive Schilderungen von Menschen tun das sehr wohl.
Gereizter, sensibler
Für Gastronom Marcel Lerch (46) ist klar: „Bei Vollmond sind viele Gäste anders. Sie sind unzufrieden, haben schnell etwas auszusetzen, es passt ihnen dies und jenes nicht.“ Er nehme die Launen der gewöhnlich pflegeleichten Kundschaften jedoch gelassen. „Natürlich nehme ich den Gast trotzdem ernst. Und wenn es wirklich was auszusetzen gibt, dann ist nicht der Vollmond daran schuld.“
„Die Leute sind in den Tagen rund um den Vollmond erregter, emotionaler, sensibler“, sagt Roland Paterno (43), seit 20 Jahren Rettungssanitäter. Es seien nicht unbedingt mehr Einsätze an diesen Tagen, „aber die, die sind, sind intensiver“, glaubt Paterno. Dass die Vollmondtage sich von anderen Tagen unterscheiden, glaubt auch Adi Rohrer (44), stellvertretender Leiter der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle. „Allerdings beobachten wir Auffälligkeiten auch bei Neumond“, schränkt Rohrer den exklusiven Ausnahmestatus des Vollmonds ein.
Gut für die Fischer
Umstritten ist der Einfluss des Vollmonds auch unter Polizisten. Während sich etwa der Chef der Lustenauer Sicherheitswache, Rene Schreiber (46), sicher ist, dass „die Menschen bei Vollmond gereizter sind“, glauben das zwei Exekutiv-Kollegen von der Polizeiinspektion Lauterach nicht. „Da ist gar nichts dran“, sagt einer der Beamten. Schreiber kann als Privatmann dem Vollmond auch Positives abgewinnen. „Als Hobbyfischer weiß ich: An Vollmondtagen und in Vollmondnächten macht man bessere und vor allem größere Fänge. Das bezieht sich in meinem Fall auf Karpfen. Anderen Fischern geht es auch so. Klar ist ebenso: An diesen Tagen gehen mehr Leute fischen.“
Keinerlei Einfluss nimmt der Vollmond auf Suizide oder Geburten in Vorarlberg. „Die Statistiken liefern dafür keine Belege“, erklärt Psychiater und Russ-Preis-Träger Albert Lingg (68). Doch auch er räumt ein: „Es gibt Menschen, die glaubhaft nachweisen können, dass der Vollmond einen Einfluss auf sie hat.“
Über vereinzelte wissenschaftliche Unterstützer verfügt auch die Theorie über den Einfluss des Vollmonds auf Menschen. So hat eine Laborstudie zum Schlafverhalten bewiesen, dass die Probanden bei Vollmond eindeutig schlechter schlafen.
Bei Vollmond haben viele Gäste schnell etwas auszusetzen.
Marcel Lerch, Gastronom