Die Störche stehen unter strenger Beobachtung

Sie sind willkommene Mitbewohner im Rheintal. Nur zu viele sollten es nicht werden.
Lustenau. Das Rheintaler Storchenprojekt, vor über 20 Jahren gestartet, funktioniert. Die filigranen Vögel fühlen sich unter anderem im Schweizer Ried bei Lustenau pudelwohl, um ihre Population muss man sich keine Sorgen machen.
Im Gegenteil: Beim Storchenmonitoring wird für die Experten deutlich, dass die Tiere alles andere als vom Aussterben bedroht sind. Sie vermehren sich in großer Zahl, mehr als womöglich erwünscht ist. Der Lebensraum im Rheintal behagt ihnen sehr.
Auf Strommasten
„Wir werden genau hinsehen müssen, wie sich die Situation entwickelt“, sagt etwa Walter Niederer vom Verein Rheindelta, der das Storchenprojekt mitbetreut. Klar ist: Man will die Vögel nicht unkontrolliert an einem bestimmten Flecken konzentriert sehen. „Deswegen müssen wir sie zum Beispiel auch von den Strommasten wegbekommen“, meint Ornithologe Alwin Schönenberger, ein Intimkenner der Vogelwelt im unteren Rheintal.
Tatsächlich haben es sich im Umland bereits mehrere Tiere auf den Strommasten gemütlich gemacht. Bald schon soll die VKW durch Maßnahmen auf den Masten dafür sorgen, dass der Nistplatz für die Störche unattraktiv wird.
Schönenberger schätzt, dass sich derzeit ca. 30 Brutpaare allein in der Gegend des Schweizer Rieds aufhalten. Permanent werden Bruterfolgskontrollen und Schlafplatzzählungen durchgeführt. Wobei man zwischen jenen Plätzen, welche die Störche als Tagesausflugsziele aufsuchen, und jenen Orten, an denen sie schlafen, unterscheiden muss. „Derzeit halten sie sich gerne auf den Wiesen im Schweizer Ried auf“, erzählt Schönenberger. Den Beweis dafür findet das Auge mit einem Blick in die Umgebung. Eine Gruppe von Störchen hat es sich in einer Wiese beim westlichen Eingang zum Schweizer Ried gemütlich gemacht und ergeht sich dort in geselliger Runde.
Jungvögel ziehen bald
Noch vor knapp eineinhalb Jahren ging es den Störchen gar nicht so gut. „Damals gingen 90 Prozent der Jungen aufgrund der kalten Witterungsbedingungen ein“, erinnert sich Ornithologe Schönenberger. Ganz anders war es heuer. 70 Prozent der Jungen kamen durch. Immer früher werden die Jungstörche mittlerweile ausgebrütet. Bereits im März erblicken sie das Licht der Welt. Früher geschah das erst im Mai.
Bald ist heuer die Zeit reif für die große Wanderung der Jungvögel. Ihr Weg wird sie nach Spanien führen. Wo immer die Jungstörche den Winter verbringen, Schönenberger und Kollegen werden es bei den meisten herausfinden. Sie sind nämlich mit Peilsender und Ringen ausgestattet. Damit lässt sich der Zug der Vögel nachzeichnen.
Für mehrere der stolzen Tiere ist das gar nicht notwendig. Sie bleiben da und versuchen, den Winter in gewohnter Umgebung zu überleben. Ein Storch hat es sich letztes Jahr auf der Mülldeponie bei Häusle gemütlich gemacht und dort die kalte Jahreszeit unbeschadet überstanden.
Wiesenbrüter in Gefahr
„Störche bleiben in der Regel ihrem Horst treu“, weiß Walter Niederer. Haben sie sich einmal für einen Nistplatz entschieden, sind sie dort kaum mehr wegzubringen.
Der Speiseplan der Störche ist sehr vielfältig. Sie fressen Heuschrecken, Regenwürmer und Mäuse. Bietet sich die Möglichkeit auf ein Festmahl in Form eines jungen Hasen, sagen sie zu dem auch nicht Nein.
Dass die Störche auch Feinde der im Ried ansässigen Wiesenbrüter sind, stellen die Experten nicht in Abrede. „Sie sind allerdings nicht die größten Feinde von Kiebitz, Brachvogel oder Wachtelkönig. Die größte Gefahr geht von den sogenannten Raubsäugern aus. Das sind Dachs, Fuchs und Marder“, erzählt der Aufseher im Schweizer Ried, Reinhard Hellmaier. Nachtkameras haben den Beweis erbracht, wie die Raubsäuger die Nester der Wiesenbrüter ausräumen. Deren Überleben ist gefährdet. Ganz im Gegensatz zu dem der Störche.
Heuer überlebte 70 Prozent der Storchenbrut im Rheintal.
Alwin Schönenberger
