„Vielfalt ist große Herausforderung“

Bernadette Mennel (57) will Sprachenproblem an den Schulen ohne Strafen lösen.
Bregenz. Weniger Risikoschüler, mehr Spitzenschüler: Die Schullandesrätin sieht das im Vorjahr ausgegebene Ziel für die Vorarlberger Schulen auf gutem Weg. „Auch wenn es ein Langzeitprojekt ist.“ Kurzfristig möchte die Schullandesrätin vor allem Verbesserungen bei der sprachlichen Frühförderung erreichen.
Für das vergangene Schuljahr gaben Sie als Ziel aus: weniger Risikoschüler, mehr Spitzenschüler. Ist das gelungen?
Mennel: Was ich vermelden darf: Wir hatten im vergangenen Jahr weniger Schulabbrecher. Wir haben durch den erstmals durchgeführten flächendeckenden Talentecheck auch mehr Qualitäten der darin erfassten Schüler entdeckt. Ich denke: Wir haben uns auf den richtigen Weg begeben. Natürlich handelt es sich bei den vor einem Jahr ausgegebenen Zielen um Langzeitprojekte.
Was ist an der Vorarlberger Schullandschaft anders als in anderen Bundesländern?
Mennel: Aufgrund der Vielfalt der Kinder an unseren Volks- und Mittelschulen, der großen Zahl an Kindern mit anderen Erstsprachen stehen wir insbesondere im Bereich der Sprachförderung in Vorarlberg im Vergleich zu anderen Bundesländern vor besonderen Herausforderungen. Wir sind aber auch eines der ersten Bundesländer, das erfolgreiche Projekte und Schwerpunkte in der Sprachförderung, in der frühen Bildung, in den Schnittstellen der Bildungslaufbahn, durch das Volksschulpaket und in der Weiterentwicklung der Schule der Zehn- bis 14-Jährigen gesetzt hat. In Vorarlberg unterstützt das Land die Pflichtschulen mit zusätzlich 20 Millionen Euro.
Gab es etwas, was Sie im abgelaufenen Schuljahr als Schullandesrätin besonders gefreut hat?
Mennel: Besonders gefreut haben mich die besseren Ergebnisse bei der Zentralmatura, der österreichweit stärkste Rückgang bei Bildungsabbrechern und das gute Abschneiden einzelner Schulen bei landes- und bundesweiten Wettbewerben.
Was hat Sie besonders geärgert?
Mennel: Die schlechten Ergebnisse bei den Bildungsstandards und diverse Konflikte an Schulen zwischen Eltern und Lehrpersonen. Diese wären vermeidbar.
Sprachprobleme bestimmter Migrantenkinder beim Schuleintritt sind offensichtlich. Die Kinder können kein Deutsch. Wie streng sollte man mit den Eltern sein, die selbst Deutsch können, es aber ihren Kindern nicht vermitteln?
Mennel: Ich setze da nicht auf Strafen. Wenn das letztlich die Kinder trifft, dann trifft es die Falschen. Wir müssen intensive Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten, den Eltern deutlich machen, was sie ihren Kindern antun, wenn sie deren Deutschkenntnisse nicht fördern. Das müssen wir verstärkt einfordern.
Die FPÖ fordert spezielle Deutsch-Förderklassen für Migrantenkinder ohne Deutsch-Kenntnisse. Warum wollen Sie das nicht?
Mennel: Weil die Sprachwissenschaft sagt: Die Förderung einer Sprache kann nicht ausschließlich in homogenen Gruppen ohne jegliche Kenntnisse in dieser Sprache erfolgen. Es braucht ein Sowohl-als-auch. Kinder ohne Deutschkenntnisse müssen auch die Möglichkeit haben, in Gruppen mit Kindern zu sein, die Deutsch können.
Wie funktioniert der seit vergangenem Jahr implementierte Informationsaustausch an den Schnittstellen der Schullaufbahn?
Mennel: Der funktioniert und hat sich bewährt. Auch durch Sprachfördernetzwerke in verschiedenen Gemeinden, durch Projekte wie das Sprachcluster in Feldkirch oder durch die gemeinsame Fort- und Weiterbildung von KindergartenpädagogInnen an der PH Vorarlberg.
Vorarlberg schneidet bei Schulleistungstests stets schlecht ab. Wie sehr belastet Sie das?
Mennel: Man darf diese Ergebnisse nicht beschönigen. Andererseits müssen wir jeden Standort gesondert anschauen und analysieren. Dabei sind wir angehalten, uns bei den Maßnahmen vor allem auf jene Schulen zu konzentrieren, die unter den Erwartungen blieben.
Die Mischkompetenz in der Schulverwaltung wird bald Realität, es treten die Bildungsdirektionen in Kraft.
Mennel: Ab 1. Jänner 2019 wird das der Fall sein. Wir betreten da juristisch Neuland. Die Zusammenführung der Schulabteilungen und der Landesschulräte zu Mischbehörden stellt eine beachtliche Herausforderung dar. Ich finde den Zeitplan dafür sehr ambitioniert. Meiner Meinung nach sind längere Übergangsfristen notwendig.
Was würden Sie für das kommende Schuljahr als Schwerpunkte formulieren?
Mennel: Die wesentlichen Schwerpunkte werden wir im kommenden Schuljahr in der frühen Sprachförderung, in der Stärkung der Volksschulen, insbesondere bei den Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen, sowie in der Begabtenförderung und dem Ausbau der digitalen Bildung setzen.