Kampfbegriff
Bundeskanzler Christian Kern will, dass der Nationalrat drei Tage vor den Wahlen noch schnell ein neues Mietrecht beschließt. Sein Ziel ist ein „bundesweit einheitliches Mietrecht“, was bei näherem Hinschauen verwundert. Denn das derzeitige Mietrechtsgesetz gilt schon bundesweit und für alle in Österreich lebenden Menschen gleichermaßen.
Das weiß natürlich auch der Bundeskanzler. Er meint vielmehr, dass das vom Bundesgesetzgeber geregelte Mietrechtsgesetz von einer Komplexität ist, dass sich selbst Spezialisten kaum mehr auskennen. Es gibt verschiedene Regelungen für verschiedene Kategorien von Wohnungen. Die Forderung nach einem „bundesweit einheitlichen“ Gesetz verwendet er nur, weil es sich um einen Kampfbegriff handelt, von dem er glaubt, dass er bei den Wählerinnen und Wählern gut ankommt. Ein bundesweit einheitliches Gesetz, so wird der Eindruck erweckt, muss ja von vornherein gut sein. Dabei ist ausgerechnet das aktuelle Mietrechtsgesetz das beste Gegenargument: Es gilt bundesweit und für alle ohne Unterschied und ist offensichtlich unbrauchbar – wie ja auch der Bundeskanzler eingestehen muss. Das Argument „bundeseinheitlich“ geht also völlig ins Leere, wenn eine vernünftige Lösung angestrebt wird.
In seinem neuen Mietrechtsgesetz möchte der Bundeskanzler übrigens eine „Mietzinsobergrenze“, eine staatliche Preisregelung für Mieten, einführen. Einheitliche Mietpreise als Antwort auf die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern sind unsinnig.
Wieso ausgerechnet im Mietrecht eine staatliche Preisregelung funktionieren soll, sagt der Bundeskanzler nicht. Nach den Gesetzen der Ökonomie, über die sich auch der österreichische Nationalrat nicht hinwegsetzen kann, würde eintreten, was noch in jedem einzelnen Fall einer Preisregelung die Folge war: Die Mietzinsobergrenze führt zu einer Verknappung des Angebots, sodass die Menschen zwar keine Wucherpreise mehr zahlen müssen, aber dafür um noch weniger freie Wohnungen konkurrieren. Die Wohnungen bekommen dann jene, die entweder über die besseren Beziehungen verfügen, die richtige Hautfarbe, den richtigen Namen, die richtige Sprache oder weniger Kinder haben. Dieses Resultat ist alles andere als sozial.
„Es gibt verschiedene Regelungen für verschiedene Kategorien von Wohnungen.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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