Wahlinformation
In den letzten Tagen erhielten die Bürger die Wahlunterlagen für die Nationalratswahl am 15. Oktober zugesendet. Viel Informatives enthält die „Amtliche Mitteilung zur Nationalratswahl 2017“ nicht. Die Wähler erfahren beispielsweise nicht, welche Personen im jeweiligen Wahlkreis kandidieren, sie erhalten auch keine Hinweise, welche Parteien auf dem Stimmzettel zu finden sind. Es überrascht daher auch nicht, dass es keine Information darüber gibt, wie überhaupt gültig gewählt wird und wie die Vergabe der Vorzugsstimmen erfolgt.
Einen amtlichen Stimmzettel erhält man nur, wenn man einen Briefwahlantrag stellt. Die Kandidatenlisten der Parteien kann man lediglich durch eine aufwendige Internetrecherche in Erfahrung bringen. Angesichts der Tatsache, dass die Ausbreitung des Wahlzettels in der Wahlkabine, die Lektüre der Kandidatenlisten und eine korrekte Stimmenvergabe einen ziemlichen Zeitaufwand verursachen, ist dies eine Zumutung.
Die Arroganz des Bundesgesetzgebers gegenüber den Wählern ist nur so zu erklären, dass eine eingehende Befassung mit dem Stimmzettel gar nicht gewünscht ist. Die Wähler sollen ihre Partei ankreuzen und ihre Vorzugsstimmen einfach dem jeweils Listenersten geben. Das ist zwar nicht der Sinn einer Vorzugsstimme, die ja besondere Persönlichkeiten belohnen soll, bringt aber die sorgsam ausgeklügelte Kandidatenliste der Parteien nicht durcheinander.
Dazu kommt, dass aus rechtlichen Gründen die Vergabe von Vorzugsstimmen bei den Nationalratswahlen nur in besonderen Ausnahmefällen zu einer Verschiebung der Reihung führen kann. Wüssten die Wähler das, könnten sie sich das Nachdenken darüber, wem sie die Vorzugsstimme geben, überhaupt sparen. Aber das erfährt man aus der amtlichen Wahlinformation nicht.
Dass es auch anders geht, zeigen die Landtagswahlen in Vorarlberg: Erstens spielen die Vorzugsstimmen hier eine viel größere Rolle. Zweitens werden die Stimmzettel den Wählern vor der Wahl zugeschickt, sodass diese sich auch über die kandidierenden Personen näher informieren können. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß und gehört so dringend reformiert wie das bestehende Vorzugsstimmenmodell. Immerhin hat die Liste Kurz angekündigt, dass sich ihre Kandidaten bei der Nationalratswahl freiwillig an der Zahl der Vorzugsstimmen orientieren und damit das veraltete System hinter sich lassen werden. Wenn dieses Experiment funktioniert, sollte es vom Gesetzgeber verpflichtend allen Parteien vorgeschrieben werden.
„Wüssten die Wähler das, könnten sie sich das Nachdenken darüber, wem sie die Vorzugsstimme geben, überhaupt sparen.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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