Ombudsfrau setzt auf Bildungsarbeit für das Tierwohl

Vorarlberg / 11.12.2017 • 20:46 Uhr
Tierschutzombudsfrau Marlene Kirchner setzt auf Bildungsarbeit. VN/Paulitsch
Tierschutzombudsfrau Marlene Kirchner setzt auf Bildungsarbeit. VN/Paulitsch

Geht es um das Tierwohl, ist der Konsument gefordert, sagt Tierschutzombudsfrau Kirchner.

Bregenz Geht’s ums Tierwohl, ist der Aufschrei in der Bevölkerung groß. Wie jüngst, als der Verein gegen Tierfabriken (VGT) Videos veröffentlichte, die den Transport von lebenden Kälbern aus Vorarlberg nach Italien zeigten. Doch im Wesen des Aufschreis liegt dessen kurze Lebensdauer; sprich: Die Aufregung hat sich längst wieder gelegt. Die Situation bleibt. Weiterhin werden jährlich Tausende Kälber ins Ausland gebracht, um dort geschlachtet zu werden. Denn Vorarlberg ist ein Milchland, aber nicht jedes Kalb wird naturgemäß eine Milchkuh. Vorarlbergs neue Tierschutzombudsfrau Marlene Kirchner ist überzeugt: „Das ist ja schon viele Jahre so.“ Der Ruf nach neuen Gesetzen sei in solchen Fragen nicht die Lösung, Kirchner setzt auf Bildung. Der Umstand des Milchlands werde in der Regel positiv wahrgenommen. Die Nachteile seien nicht allen bewusst: „Zunächst muss die Bevölkerung wissen, wie Landwirtschaft funktioniert“, betont Kirchner im VN-Gespräch.

Auch als der VGT von Schweinetransporten aus dem benachbarten Ausland in Vorarlbergs Metzgereien berichtete, gingen die Wogen hoch. Während Aktivisten ein Verbot von Importen forderten, gaben sich andere mit einer Kennzeichnungspflicht zufrieden – jedenfalls sollte der Gesetzgeber einschreiten. Auch hier betont Kirchner die Macht des Konsumenten. „Wir können uns nicht aufregen und im Geschäft dann das schöne rote Fleisch in der Folie kaufen, ohne zu hinterfragen.“ Wieder bringt sie die Bildung ins Spiel: „Man kennt die Bedingungen, aber an der Theke fehlt manchmal die Einsicht.“ Das sei wie beim Autofahren. Zwar könne verboten werden, mit 160 Stundenkilometern über die Autobahn zu brettern, Fahrer ohne Einsicht täten dies dennoch.

Qualität statt Herkunft

Eine freiwillige Herkunftsbezeichnung sei ja möglich, und die Bevölkerung könne Druck ausüben, wie in der Gastronomie. „Immer mehr Restaurants haben in ihren Speisekarten aufgelistet, woher die Produkte stammen“, fährt Kirchner fort. Dies liege auch daran, dass Besucher angefangen haben, danach zu fragen. „Irgendwann war es effizienter, die Antworten in der Speisekarte zu liefern als jedes Mal aufzuzählen.“ Aber natürlich sei Kennzeichnung etwas Positives. Allerdings: Warum nur die Herkunft? Bei den Eiern etwa habe der Druck der Konsumenten dazu geführt, dass die Tierhaltung angegeben werden muss.

„Auf Zigarettenpackungen sind sogar Bilder von möglichen Folgen abgebildet. Warum ist auf dem Fleisch aus Massenhaltung nicht die Kuh in ihrem engen Raum abgebildet?“, fragt sich Kirchner. Ein Gütesiegel über die Qualität der Tierhaltung wäre sinnvoll, sagt sie.

Doch Tierwohl sei längst nicht nur eine Frage der Landwirtschaft, auch in der privaten Tierhaltung sei noch Bildungsarbeit notwendig. „Von Pferden wissen wir zum Beispiel aus der Forschung längst, dass sie soziale Wesen sind. Dennoch gibt es Ställe, in denen sie in Einzelboxen gehalten werden.“ Von der Wissenschaft in die Praxis: Dies ist nicht nur ihr persönlicher Weg von der Uni nach Vorarlberg, diese Vermittlung sieht Marlene Kirchner auch als eine der Hauptaufgaben als neue Tierschutzombudsfrau.

Zur Person

Dr. Marlene Kirchner,

seit 1. Oktober Tierschutzsombudsfrau in Vorarlberg.

Jahrgang 1977

Ausbildung zur Kindergartenpädagogin. Danach Bildungsreferentin der Jungschar. Mit 25 Jahren Start Studium der Veterinärmedizin, anschließend Professorin an der Uni Kopenhagen