500 Millionen teure Weichen

In letzter Sekunde unterzeichnet die alte Regierung den Bahn-Vertrag mit dem Land.
Bregenz Es ist so etwas wie das Abschiedsgeschenk der Minister Jörg Leichtfried (SPÖ, Infrastruktur) und Hans Jörg Schelling (ÖVP, Finanzen) an Vorarlberg. Quasi mit dem letzten Federstrich unterzeichnete Leichtfried am Freitag den Verkehrsdienstevertrag für die kommenden zehn Jahre. Was technisch klingt, hat handfeste reale Auswirkungen. Mit diesem Vertrag regeln die ÖBB und das Land gemeinsam den Schienenverkehr der nächsten Dekade. Und zwar alles, was dazugehört: Anzahl und Qualität der Züge, Personal, Fahrkilometer, Automaten, Fahrplan … Gesamtvolumen: fast 500 Millionen Euro.
Herzstück des Vertrags sind 21 neue Zuggarnituren, deren Produktion bereits läuft. Die „Talent 3“-Züge von Bombardier sind 104 Meter lang, bieten rund 300 Sitzplätze und viel Platz für Fahrräder. Der Verkehrsdienstevertrag beinhaltet allerdings wesentlich mehr. Knapp 3,2 Millionen Fahrplankilometer pro Jahr sind enthalten, zudem soll ein Anschlusssystem entwickelt werden, das Züge und Busse besser kombiniert. Bei Verspätungen der Bahn weiß der Anschlussbus Bescheid. 45 Millionen Euro fließen dadurch jährlich und indexangepasst vom Bund ins Land. In zehn Jahren macht das knapp 500 Millionen Euro. Weitere 13 Millionen Euro steuert die Landesregierung bei, das sind 1,2 Millionen Euro mehr als bisher.
Zähe Verhandlungen
Zweieinhalb Jahre lang haben Land und Bund verhandelt. Auf eine VN-Anfrage zu Wochenbeginn im Finanzministerium hieß es noch: „Auf technischer Ebene finden diesbezüglich noch interministerielle Abstimmungen statt.“ Und weiter: „Es handelt sich um den ersten Vertrag nach dem neuen Modell, und andere Bundesländer sollen folgen, daher hat dieser erste Vertrag auch Präzedenzwirkung.“ Heißt: Vorarlberg ist in diesem Bereich in der Vorreiterrolle, erstmals werden alle ÖBB-Dienstleistungen in einem gemeinsamen Vertrag geregelt. Am Donnerstagabend sei die Zusage eingetroffen. „Das war der größte Kraftakt meines politischen Lebens. Und in letzter Sekunde“, erzählt Mobilitätslandesrat Johannes Rauch (Grüne). Denn die Bundesregierung ist nur mehr wenige Tage im Amt, die Büros sind großteils schon leer geräumt. Rauch und Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sind überzeugt: Neue Verhandlungen hätten mindestens zwei Jahre, wenn nicht viel länger gedauert. Falls überhaupt. „So viel Zeit haben wir aber nicht“, fährt Wallner fort. Schließlich sollen die Züge spätestens zur Gymnaestrada 2019 auf Schiene sein.
Wenn die Verantwortlichen über den Vertrag sprechen, dann sagen sie „Vertragswerk“. Viele Hundert Seiten dick, mit unzähligen Anlagen. „Eigentlich sind es fünf Verträge in einem“, präzisiert Verkehrsverbund-Chef Christian Hillbrand. Nicht nur Neuigkeiten wurden festgehalten, im Grunde musste jede Begebenheit neu zu Papier gebracht werden. Der Vertrag gilt ab der Fahrplanänderung in einem Jahr, also ab dem 9. Dezember 2018. Auch die Automaten an den Bahnhöfen kommen darin vor. Also auch eine neue Software? Johannes Rauch lacht und sagt: „Das ist eine offene Flanke. Nun haben wir die Möglichkeit, weitere intensive Gespräche mit den ÖBB zu führen.“ Der Rahmen steht jedenfalls.









