“Da ist Luft nach oben”

In Sachen Transparenz sieht die Rechnungshofdirektorin beim Land Aufholbedarf.
Bregenz 2018 nimmt sich der Landesrechnungshof den Sozialfonds vor, sieht sich die Schülerbetreuung an und prüft, wie andere mit den Empfehlungen umgehen. Direktorin Eggler-Bargehr spricht zudem über fehlende Transparenz und erklärt, wie mehr Frauen in Führungspositionen kommen.
Was bringt das neue Jahr?
Eggler-Bargehr Wir sind momentan mit vier Prüfungen beschäftigt, eine davon ist die Evaluierungsprüfung. Die gibt es alle drei Jahre, um die Wirksamkeit unserer Empfehlungen zu prüfen. Wir schauen uns die Umsetzung von zehn Prüfungen an, im März kommt der Bericht. Außerdem haben wir die Schwerpunkte Soziales und Bildung gewählt. Wir prüfen den Sozialfonds, da sprechen wir von einem Ausgabenvolumen von 360 Millionen Euro.
Der Rechnungshof prüft den Fonds nicht zum ersten Mal.
Eggler-Bargehr Wir haben ihn schon dreimal geprüft. Einmal das Thema Suchtprävention, einmal das IT-System und 2004 das Fondsmanagement. Diesen Aspekt werden wir uns nun wieder ansehen.
Was steht im Bildungsbereich an?
Eggler-Bargehr Einmal sehen wir uns an, wie Gemeinden die Schülerbetreuung durchführen. Die zweite Prüfung hat sich in der Vorrecherche ergeben. Wir möchten wissen, wie die Schülerbetreuung im Land eigentlich organisiert ist.
Wie sind Sie darauf gekommen?
Eggler-bargehr Wir wollten uns einen Überblick verschaffen. Wie viel Geld fließt vom Bund übers Land, wie viel zusätzlich vom Land? Wie viele Schüler werden betreut, wie viel Personal gibt es? Wir haben festgestellt, dass man das eigentlich nicht sagen kann. Zum Beispiel ist ein Teil der Förderung auch für die Kinderbetreuung. Zudem kann man bei einigen Daten nicht differenzieren.
Zum Beispiel?
Eggler-Bargehr Etwa bei der Schülerzahl. Wenn ein Kind einmal in der Woche in der Mittagsbetreuung ist, zählt es dann gleich wie eines, das die ganze Woche da ist? Wie sind die Betreuer angestellt? Zählen die Stunden oder die Anzahl des Personals? Wir dachten uns, es wäre doch spannend, sich das einmal genau anzuschauen.
Wie sehen Sie die Rolle des Landesrechnungshofs?
Eggler-Bargehr Gesetzlich ist uns eine nachgehende Kontrolle zugedacht. In der Steiermark darf der Rechnungshof zum Beispiel auch begleitend kontrollieren. Er prüft unter anderem große Bauverfahren, noch bevor sie beginnen. Das gibt es bei uns nicht. Aber wir sagen nicht nur, was falsch gemacht wurde, sondern wir richten den Blick vor allem nach vorne.
Soll der Rechnungshof den Rechnungsabschluss des Landes prüfen?
Eggler-Bargehr Viele Rechnungshöfe haben diese Aufgabe. Im Prinzip müsste man zwischen Fertigstellung und Beschluss prüfen. Das ist ein sehr enges Zeitkorsett, in dem viele Ressourcen benötigt werden. Man hat sich das einmal überlegt und beschlossen, dass das mit der Kleinheit unseres Rechnungshofs nicht möglich ist.
Wie wäre es mit genug Kapazität?
Eggler-bargehr Dann würden wir es auf jeden Fall tun. Es würde mehr Transparenz schaffen.
Wie transparent ist das Land?
Eggler-Bargehr Wir haben uns das im Zuge unserer Korruptionspräventionsprüfung angesehen. Aus dieser Prüfung ist ja ein Präventionskonzept entstanden. Sehen Sie doch einmal nach, ob Sie dieses Konzept im Internet finden …
. . . wenn Sie so fragen, wohl nicht.
Eggler-Bargehr Es findet sich nur im Intranet. Es steht ja eh vieles auf der Webseite des Landes. Wenn man sie aber etwa mit Tirol vergleicht, findet man dort noch mehr. Es ist also Luft nach oben.
Wie sieht‘s in den Gemeinden aus?
Eggler-bargehr Gleich. Klar, bei kleinen Gemeinden mit wenig Personal ist es ein gewisser Aufwand. Aber grundsätzlich gibt es kein Thema, das nicht öffentlich sein sollte. Vor allem in den Gemeinden, sie sind näher am Bürger. Wir reden groß von Digitalisierung und auf der Gemeindehomepage sind nicht einmal alle aktuellen Informationen zu finden.
Beim Frauenanteil in Führungspositionen sieht es düster aus. Was muss sich ändern?
Eggler-Bargehr Neben der Infrastruktur muss sich bei den Arbeitszeitmodellen viel tun. Als Frau wird man immer einen Spagat machen müssen. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass Frauen im Job total glücklich sind und in irgendetwas aufgehen. Man hat immer ein schlechtes Gewissen, weil entweder die Familie oder der Job zu kurz kommt. Außerdem braucht es positiv besetzte Rollenvorbilder und das Selbstbewusstsein, herauszutreten und sich einer Aufgabe zu stellen.
Wie sieht die Situation im Landesrechnungshof aus?
Eggler-Bargehr Wir haben gerade eine Mitarbeiterin aus der Karenz zurückgewinnen können. Das Kind ist ein Jahr alt gewesen, als sie angefangen hat. Es ist zwar wahnsinnig traurig, aber man muss sich viele kritische Fragen gefallen lassen. Da muss sich in der Haltung der Gesellschaft noch viel tun und Betreuungsplätze für die ganz Kleinen gibt es auch nicht überall.
Und bei den Arbeitgebern?
Eggler-Bargehr Es ist natürlich nicht leicht. Etwa, wenn es darum geht, Meetings anzusetzen, bei denen alle Zeit haben. Aber es stellt sich nicht die Frage, ob es richtig oder falsch ist, sondern lediglich, wie man es hinbekommt.
Zur Person
Dr. Brigitte Eggler Bargehr
Direktorin des Vorarlberger Landesrechnungshofs
Geboren 10. September 1964
Wohnt Wolfurt
Familie verheiratet, zwei Kinder