Österreich sucht den nuklearen Abfallkübel

1991 wurde Alberschwende als möglicher Standort bezeichnet.
Schwarzach Wie sich die Zeiten ändern: 1978 lehnten Österreichs Bürger entgegen der politischen Mehrheitsmeinung per Volksabstimmung ab, das Atomkraftwerk in Zwentendorf in Betrieb zu nehmen. Spätestens seit Tschernobyl 1986 ist auch die Politik überzeugt: Gut, dass es in Österreich kein Atomkraftwerk gibt. Trotzdem ging die Bundesregierung 1991 auf die Suche nach einem Endlager für Atommüll, denn auch in Österreich wird radioaktiver Abfall produziert. Bis heute hat die Republik kein Endlager gefunden. Nun beginnt die Suche erneut. Die Umweltorganisation Global 2000 hat deshalb eine Untersuchung aus dem Jahr 1991 ausgegraben. Alberschwende war damals als möglicher Standort im Gespräch. Das Ministerium beruhigt auf VN-Anfrage. Die damaligen Ergebnisse seien irrelevant, sagt ein Pressesprecher von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Klar ist aber: Die geologischen Gegebenheiten in Alberschwende dürften sich kaum verändert haben.
Ein Punkt ist unstrittig: Österreich braucht eine Lagerstätte für schwach bis mittel radioaktiven Abfall. Forschungseinrichtungen, Medizin und ein kleiner Forschungsreaktor an der TU Wien produzieren Atommüll. „Wer den Abfall produziert, muss ihn auch lagern“, sagt etwa Anti-Atom-Aktivistin Hildegard Breiner. Reinhard Uhrig von Global 2000 stimmt zu: „Österreich benötigt ein eigenes Endlager für Atommüll. Die Frage ist nur, wie man die Suche angeht.“
„Möglicherweise geeignet“
Damals haben Geologen Standorte abgesucht. Auch in Alberschwende in der Nähe des Brüggelekopfs fanden Probebohrungen statt. Das Ergebnis: Alberschwende sei als einer von sechs Standorten möglicherweise geeignet. Von 17 untersuchten Stellen erhielten zudem vier Orte die Zuschreibung „wahrscheinlich geeignet“. Erst danach sei die Bevölkerung informiert worden, sagt Uhrig. „Das ist der falsche Weg, weshalb es zu lauten Protesten kam. Nun läuft die Regierung Gefahr, denselben Fehler zu machen.“ Vorarlberg dürfte sich damals an den Protesten nicht beteiligt haben. „Wir haben das eigentlich gar nicht ernst genommen“, erinnert sich Breiner. „Es wäre eine Zumutung gewesen. Warum Vorarlberg? Hier wird kein Atommüll produziert.“
Derzeit lagert radioaktiver Abfall in Seibersdorf, der Vertrag läuft 2045 aus. Noch ein zweiter Umstand zwingt die Ministerin zum Handeln. Österreich hat sich verpflichtet, bis 2015 ein Endlager zu finden. Mittlerweile läuft ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Deshalb startet nun der neue Anlauf. Ein Pressesprecher der Ministerin berichtet: „Jetzt muss erst einmal geklärt werden, welche Voraussetzungen ein Standort haben muss.“ Uhrig betont: „Wir wollen keine Panik verbreiten, wir brauchen ein Endlager. Aber man sollte die Bevölkerung von Beginn an einbinden.“ Wie schwierig diese Frage ist, zeigt die Suche nach Endlagern für hoch radioaktiven Müll, der von Atomkraftwerken produziert wird. Es gibt weltweit noch kein einziges.
„Wir haben das eigentlich gar nicht ernst genommen. Es wäre eine Zumutung gewesen.“

Stichwort Atommüll in Österreich
Im Landeskrankenhaus Feldkirch befindet sich eine nuklearmedizinische Abteilung, radioaktive Abfälle werden in einer eigenen Abklinganlage gelagert, wie KHBG-Direktor Gerhard Fleisch auf VN-Anfrage erläutert. Aus Vorarlberg fällt also kein Atommüll zur Endlagerung an. Allerdings österreichweit: Durchschnittlich kommen laut dem Entwurf des nationalen Entsorgungsprogramms 15 Tonnen radioaktiver Abfall pro Jahr zusammen. 44 Prozent stammen aus der Medizin, 26 Prozent aus der Forschung, 20 Prozent aus der Industrie und zehn Prozent aus den Labors der IAEA. Gemäß Inventarliste von 2015 lagern in Seibersdorf 11.200 Fässer je 200 Liter, bis 2045 rechnet das Ministerium mit 18.100.