Nach Wolfriss bei Schönenbach: Wildbiologe hält Rudelgründung für möglich

Vorarlberg / 24.04.2019 • 20:30 Uhr
Nach Wolfriss bei Schönenbach: Wildbiologe hält Rudelgründung für möglich
Wölfe im Rudel könnte es auch in Vorarlberg irgendwann geben. Der Wildbiologe Hubert Schatz schließt eine solche Entwicklung nicht aus.dpa

In der Großregion Allgäu-Bregenzerwald hat sich möglicherweise ein Wolf sesshaft gemacht.

Bizau Auch wenn länger nichts passiert ist, kam es nicht überraschend: Ein Wolf reißt im Gebiet zwischen Bizau und Schönenbach eine Rehgeiß. Jagdaufseher Matthias Feurstein fand das gerissene Tier, das später auch vom Wildbiologen Hubert Schatz genau inspiziert wurde. “Die Art des Risses und die Spuren in Schnee lassen kaum Zweifel: Es war ein Wolf”, erklärt Schatz. Es habe schon in den vergangenen Wochen Hinweise auf die Existenz eines Wolfs in der Großregion Allgäu-Bregenzerwald gegeben. Ein schlüssiger Beweis habe jedoch gefehlt. Natürlich müsse jetzt noch die DNA-Analyse abgewartet werden. “Zweifel haben wir freilich keine”, so Schatz.

Trifft Wolf auf Wölfin?

Besonders alarmierend ist der Vorfall als Einzelereignis nicht. Der Wolf hat ein Stück Wild gerissen, kein Nutztier. Da gab es schon Schlimmeres in der Region. Trotzdem bleibt bei Experten und Landwirten ein ungutes Gefühl zurück. Besonders die Vorstellung, dass der Räuber nicht nur ein Durchreisender war, sondern sich womöglich in der Region sesshaft gemacht hat, ist beunruhigend. “Es könnte sein, dass sich ein Wolf permanent in der Großregion aufhält. Vielleicht sind es sogar zwei Wölfe”, stellt Schatz Überlegungen an.

Sollte dem wirklich so sein, stellen sich weitere Fragen: Ist der zweite Wolf womöglich ein Weibchen? Könnte es sein, dass Wolf auf Wölfin trifft und in Vorarlberg bzw. im benachbarten Allgäu ein Rudel bildet? “Das ist nicht auszuschließen”, sagt der Wildbiologe.

Wandernde Jungwölfe

Aktuell beschäftigt sich Schatz mit der Frage, ob es sich beim Wolf von Schönenbach um einen Schweizer oder einen Deutschen handelt. “Beides ist möglich.” Im Calanda-Massiv bei Chur etwa hat ein Wolfspärchen im vergangenen Jahr zum bereits siebten Mal Junge bekommen. Nach einer gewissen Zeit im Rudel begeben sich die Jungwölfe schließlich auf Wanderschaft. Sie durchstreifen dabei riesige Gebiete und kommen vermehrt auch durch Vorarlberg. Dasselbe tun auch Jungwölfe aus anderen Gegenden. Schon öfter hat Schatz darauf hingewiesen, dass Wölfe in Vorarlberg vemehrt zu sehen sein werden und mit ihnen zu rechnen ist.

“Ich appelliere an die Landwirte, ihre Tiere im Freien zu schützen und alles in der Natur zu beobachten.”

Hubert Schatz, Wildbiologe

Dass die jüngste Aktivität eines Wolfs bei Schönenbach nur ein gerissenes Wildtier zur Folge hatte, ist auch den Umständen und der Jahreszeit geschuldet. Nutztiere sind noch kaum im Freien, die Menüauswahl für Meister Isegrim ist noch begrenzt. “Ich appelliere an alle Landwirte, dass sie ihre Tiere, die sie bald ins Freie lassen, gut beschützen und alles in der Natur genau beobachten”, richtet sich Schatz an die Nutztierhalter.

Beunruhigt

Jagdaufseher Matthias Feurstein gibt sich keinen Illusionen hin. “Wir werden mit dem Wolf leben müssen und ihn als Teil der Natur zu akzeptieren haben. Das Wild wird lernen, sich anders zu verhalten”, sagt Feurstein. Problematisch könne es werden, wenn der Wolf sich auch Rinder als Beute aussucht.

Peter Greber, Obmann der Genossenschaft Schönenbach, der 14 aktive Landwirte angehören, räumt ein, ob der zu befürchtenden Zukunftsperspektiven mit dem Wolf nicht wirklich beruhigt zu sein. “Kühe und Ziegen kann man über Nacht in den Stall bringen, mit Jungvieh und Schafen macht man das nicht.” Bald schon werden die Tiere ins Freie gelassen. So sicher wie auch schon, sind sie dann nicht mehr.