FIDESCO
Anfang der 1970er Jahre befand sich das Montafon in einer Art touristischem Goldrausch: Ein Großinvestor trat unter dem wohlklingenden Namen FIDESCO auf und versprach, im Tal die für die damalige Zeit atemberaubende Summe von einer Milliarde Schilling für 22 Liftanlagen, Golfplätze und Megahotels einzusetzen. Der Größenwahn von FIDESCO würde heute noch die hartgesottensten Touristiker verblüffen: Selbst der hinterste Winkel des Silbertals, heute unbestrittene Tabuzone, sollte erschlossen werden.
Den veröffentlichten Lebenserinnerungen eines Zeitzeugen zufolge wurde das Projekt in einem Nobelhotel in Wien präsentiert. Der Geldgeber finanzierte den Montafoner Bürgermeistern einen Flug mit Swissair von Zürich nach Wien, damit ihnen der damals mühselige Weg per Bahn erspart blieb. Die Repräsentanten der Gemeinden blieben reserviert, es gab auch Unstimmigkeiten darüber, wer denn mehr und wer weniger profitieren würde.
Hochstapler
Kurze Zeit später lösten sich die kühnen Pläne ohnehin in Luft auf: Der Investor entpuppte sich als finanzieller Hochstapler. Nicht auszudenken, wenn sich die Projekte bereits in Ausführung befunden und riesige Bauruinen die Landschaft verunstaltet hätten. Und wenn die Bauten bereits fertiggestellt gewesen wären, dann würden wir heute im südlichen Vorarlberg eine andere Landschaft vorfinden.
Keine Neuerschließungen
Für die Landesregierung reifte nach FIDESCO die Erkenntnis, dass die wichtige touristische Erschließung in geordnete Bahnen gelenkt werden musste. Sie erließ in der Folge erstmals bindende Vorgaben, was den weiteren Ausbau von Schigebieten betraf. Insbesondere sollten keine Neuerschließungen vorgenommen werden.
„Heute ist es wenigstens Allgemeingut, dass abgelegene und unberührte Gebiete erhalten werden müssen.“
Vergleicht man die heutigen Erweiterungspläne von Schigebieten und touristischer Infrastruktur im Montafon mit dem seinerzeitigen FIDESCO-Projekt, hat sich einiges zum Besseren gewendet: Heute ist es wenigstens Allgemeingut, dass abgelegene und unberührte Gebiete erhalten werden müssen.
Das verhindert, wie aktuelle Fälle beweisen, allerdings auch heute keine schwerwiegenden Konflikte, vor allem was den Ausbau und die Kapazitätssteigerungen in den bestehenden Schigebieten betrifft. Manche träumen vielleicht wieder von einem neuen Goldrausch. Das Beispiel FIDESCO zeigt aber immerhin, dass man mitunter noch Jahrzehnte später darüber froh sein kann, was alles nicht passiert ist.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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