Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Experten

Vorarlberg / 24.05.2019 • 06:59 Uhr

Nach der Entlassung des bisherigen Innenministers Kickl und dem Rücktritt der FPÖ-Minister wurden diese von Bundeskanzler Kurz durch Persönlichkeiten ersetzt, die mit guten Gründen als „Experten“ bezeichnet werden. Ihre Funktion ist es, die führungslos geworden Ressorts übergangsweise zu leiten, bis aus Neuwahlen eine neue Regierung hervorgeht.

Scheinheilige Forderung

Die SPÖ fordert (zumindest derzeit) nun überhaupt die Einsetzung einer Expertenregierung für die Zeit bis zur neuen Regierungsbestellung. Letzteres kann ohne Weiteres noch ein halbes Jahr dauern.

„Die Forderung nach einer Expertenregierung klingt gut, ist aber in den meisten Fällen scheinheilig.“

Die Forderung nach einer Expertenregierung klingt gut, ist aber in den meisten Fällen scheinheilig. So auch in diesem Fall: Es geht der SPÖ (im Zusammenwirken mit der FPÖ) nur darum, den Bundeskanzler zu stürzen und nicht etwa um eine Regierung besonders kluger Menschen. Andernfalls müsste man sich ja fragen, weshalb denn die Expertinnen und Experten nur bis zum Herbst im Amt bleiben sollen.

Faszination Expertenregierung

Viele Beobachter der österreichischen Politik scheinen der Faszination zu erliegen, die eine sogenannte „Expertenregierung“ ausübt, eine Regierung der „besten Köpfe“, die parteilos und unabhängig das Beste für das Land will. Dass es auf der ganzen Welt keine Expertenregierung gibt, stört sie nicht.

Der österreichische Philosoph Karl Popper sagte, dass die Frage, ob wir von den Besten regiert werden wollen, falsch gestellt ist. Natürlich wollen wir von den Besten regiert werden. Das Problem ist nur, dass wir sie nicht bekommen, weil es dafür kein geeignetes Auswahlverfahren gibt. Vielmehr meint Popper, dass wir unsere politischen Institutionen so gestalten müssen, dass schwache und untüchtige Herrscher möglichst geringen Schaden anrichten und wir sie möglichst leicht wieder loswerden können.

Bewährungsprobe bestanden

Die vergangenen Tage haben gezeigt, wie eine reife Demokratie in der Lage ist, mit einer Situation, in der sich eine Regierungspartei als völlig ungeeignet für ihre Funktion erwiesen hat, fertig zu werden: Indem öffentlicher Druck ausgeübt wird, der zu Rücktritten führt und indem dem Volk Gelegenheit gegeben wird, für eine neue Zusammensetzung der Regierung zu sorgen. Die Institutionen der Verfassung haben ihre Bewährungsprobe bis jetzt jedenfalls bestanden.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.