“Ich werde immer für dich da sein Diana”

Vorarlberg / 12.06.2020 • 10:00 Uhr
"Ich werde immer für dich da sein Diana"
Sandra Loböck mit ihrem “Sonnenschein” Diana. EVA RAUCH

Sandra Loböck schwor ihrem im Koma liegenden Kind: “Wenn du bei mir bleibst, werde ich dir ein lebenswertes Leben ermöglichen.”

Götzis Diana (8) hat einen hochroten Kopf. Aber die Augen des Mädchens strahlen. Das Kind ist gerade Trampolin gesprungen. „Das tut Schnucki wahnsinnig gern“, verrät seine Mutter Sandra Loböck (38).  Diana selbst kann nicht sprechen. „Das einzige Wort, das sie sagen kann, ist ,Mama‘.“ Mit vier Jahren sprach sie es zum ersten Mal aus. „Mein Mädchen kam mit erhobenen Händen auf mich zu gerannt und rief mir ‘Mama’ entgegen.“ Diesen bewegenden Augenblick vergisst seine Mutter nicht mehr. „Es zeigte mir, dass Diana und ich eine ganz besonders tiefe Beziehung haben, eine, die nicht von dieser Welt ist.“

Eigentlich wollte Sandra gar nicht Mutter werden. Aber dann trat Marco in ihr Leben. „Mit diesem Mann wollte ich mehrere Kinder haben.“ Als Diana zur Welt kam, schwelgte das Paar im Glück. Aber nur ein paar Tage lang. „Am vierten Tag hörte man bei unserem Baby ein Herzgeräusch, das auf einen Herzfehler hindeutete.“ Die Untersuchung ergab, dass das Neugeborene zwei Löcher im Herzen und zwei missgebildete Herzklappen hatte. „Das war ein Schock für uns. Auf einmal hatten wir ein schwerkrankes Kind, das am Herzen operiert werden musste.“

Multiples Organversagen drohte

Zweieinhalb Monate betreute Sandra das Kind zuhause. „Aber alles ging schief. Diana trank zu wenig, nahm nicht zu und wurde immer schwächer.“  Schließlich musste das Baby im Spital mit einer Magensonde aufgepäppelt werden. Was dann folgte, hat Sandra später in ihrem Buch „Mutterherz“ verarbeitet. Es war die dramatischste Zeit ihres Lebens.

“Das Leben mit Diana ist schön. Das Kind ist eine Bereicherung im Alltag.”

Sandra Loböck, Mutter der schwerbehinderten Diana

Aufgrund einer starken Erkältung drohte ihrem herzkranken Kind ein multiples Organversagen. Die Ärzte versetzten das Baby für mehrere Wochen in künstlichen Tiefschlaf. „Trotzdem ging es mit dem Kind immer mehr bergab. Deshalb stimmten wir einer Not-OP zu.“ Nach der Operation erlitt das Baby einen Hirnschlag. „Deswegen leidet Diana heute an epileptischen Absenzen. Ihr linker Fuß ist seither spastisch.“ Sechs Tage lang kämpfte das Kind ums Überleben. „Dann war Diana überm Berg.“ Danach wurde bei dem Kind noch ein Gendefekt entdeckt. So erklärt man sich seine Entwicklungsverzögerung und seine Herzfehler. „Nun wussten wir: Unser Kind ist körperlich und geistig behindert. Da bricht tatsächlich eine Welt zusammen.“

Auf der Intensivstation hatte Sandra ihrer im Koma liegenden Tochter geschworen: „Geh‘ nicht. Wenn du bei mir bleibst, ermögliche ich dir ein lebenswertes Leben. Dann werde ich immer für dich da sein.“  Zuvor hatte die Mutter eine Vision erlebt. „Ich sah neben meiner Tochter eine alte Frau, die in einem Schaukelstuhl saß und ein Kind in den Armen hielt. Ich fragte sie, was sie da mache. Da antwortete sie: ,Ich hole ein Kind.‘ ‘Aber nicht meins‘“, sagte ich darauf.“

Heute ist Diana acht Jahre alt und ein zufriedenes und glückliches Mädchen. „Es ist gut, wie sie ist. Diana zu erleben, ist Glück. Das Leben mit ihr ist schön. Das Kind ist eine Bereicherung im Alltag.“ Seine Mutter kommt ins Schwärmen: „Diana ist nie böse oder gemein. Sie kennt keinen Neid und keine Hintergedanken. Wenn sie weint, dann nur, wenn ihr etwas wehtut. Wenn sie lacht, dann lacht sie aus vollem Herzen.“

Dianas große Hilfsbedürftigkeit hat Sandra im Alltag noch nie überfordert. „Eher bin ich überfordert, wenn man mir Mitleid entgegenbringt.“ Es gefällt ihr, dass sie als Mutter eines behinderten Kindes eine gewisse Freiheit von den Zwängen der Gesellschaft erfährt. „Wir dürfen anders sein und müssen uns nicht an die Gesellschaft anpassen. Diana darf so sein, wie sie ist. Und ich darf auch so sein, wie ich bin. Diese Freiheit ist ein Geschenk.“

Sandra zeigt sich gerne mit ihrer gehandicapten Tochter in der Öffentlichkeit. „Sie erlebt viel mit mir. Ich nehme Schnucki überall mit. Wir gehen zum Beispiel zusammen auf den Spielplatz, Eis essen und Enten füttern.“ Sandra ist es ein Anliegen, ihrer Tochter die Welt zu zeigen. „Ich versuche den Tag mit ihr schön zu gestalten. Schade ist nur, dass sie selbst nicht sagen kann, was sie tun möchte.“

Buchtipp: Mutterherz, 408 Seiten, Bucher Verlag, Hohenems.