Pater Pio passt auf den Bergführer auf

Pio Jutz (49) wäre in den Bergen beinahe umgekommen.
Frastanz Bisher war auf Pater Pio Verlass. Pio Jutz verdankt dem italienischen Volksheiligen nicht nur seinen Namen. Der Bergführer aus Frastanz glaubt, dass der Heilige, der die Wundmale trug und viele Wunder vollbrachte, seine schützende Hand über ihn gehalten hat. Schon sein Vater war ein großer Verehrer des Ordensmannes. Deshalb ließ er sein erstgeborenes Kind auf den Namen Pio taufen.
Die Eltern gaben ihrem Sohn nicht nur die Bewunderung für Pater Pio mit, sondern auch die Begeisterung für die Natur. „Wir sind oft wandern gegangen“, erinnert sich der 49-Jährige an viele schöne Kindheitserlebnisse in den Bergen.
Erstbegehungen in Eis und Fels
Als Jugendlicher schloss er sich einer Clique an, die gerne klettern und bergsteigen ging. „Mit der Zeit wurden unsere Touren immer länger und schwieriger.“ Jutz wurde zu einem Kletterprofi, der heute schwierigste Klettertouren meistert und auch Erstbegehungen in Fels und Eis macht.
Der technische Zeichner war noch keine 30, als er sein Hobby zum Beruf machte und sich zum Berg- und Skiführer ausbilden ließ. „Ich wollte anderen das Erlebnis Berg weitergeben.“ Den Schritt vom technischen Zeichner zum Bergführer hat er nicht bereut. „Es ist der schönste Beruf der Welt. Du bist frei, in der Natur, mit Menschen zusammen und an schönen Plätzen in der Welt.“ Im Sommer macht er mit Gästen anspruchsvolle Klettertouren und Hochtouren, im Winter Skitouren. Aber auch Freeriding, Heliskiing und Eisklettern stehen dann auf dem Programm. „Die Natur gibt einem viel. Aber sie ist der Chef und nicht ich als kleiner Mensch.“
Ein Steinschlag tötete ihn fast
Dass sie sehr mächtig ist, führte sie ihm schon mehrmals vor Augen. Am Piz Palü nahm sie ihm vor mehr als 20 Jahren zwei seiner besten Freunde. „Sie wurden vor meinen Augen von einer Eislawine erfasst und in den Tod gerissen.“
Voller Demut dankte er damals Pater Pio dafür, dass er überlebt hat. Auch später hatte er allen Grund dazu, „seinem“ Heiligen dankbar zu sein. Einmal wurde Jutz von einer Lawine mitgerissen. Sie spuckte den Skitourengeher nach 200 Metern unverletzt aus. Ein andermal überlebte er in den Dolomiten ein heftiges Hagelgewitter. „Es war schneller gekommen als vorhergesagt. Wir mussten in der Felswand notbiwakieren und dort bis zum nächsten Tag ausharren.“
Den Geruchssinn verloren
Auch im Jahr 2013 wäre er in den Bergen beinahe umgekommen – bei einer Klettertour im Wilden Kaiser in Tirol. „Ich schaute gerade nach oben. Da stürzte ein großer Stein auf mich herab und traf mich an der Stirn.“ Der Bergführer erlitt einen Schädelbasisbruch. „Im Nachhinein sagte man mir, dass ich gestorben wäre, wenn der Hubschrauber ein paar Minuten später gekommen wäre.“
Dieser schwere Bergunfall blieb nicht ohne Folgen für sein Leben. „Ich habe den Geruchssinn verloren und war ein halbes Jahr außer Gefecht gesetzt, hatte andauernd Kopfweh und sah Doppelbilder. Ich wusste nicht, ob ich wieder als Bergführer arbeiten kann.“
„Ich war nie ein Draufgänger. Aber nun bin ich noch vorsichtiger geworden.“
Pio Jutz, Steinschlagopfer
Doch Jutz gab sich nicht auf. Er tastete sich wieder langsam ans Klettern und Bergsteigen heran. „Ich habe mit leichten Touren begonnen.“ Nachsatz: „Heute kann ich uneingeschränkt wieder alles machen.“ Das schreibt der Bergführer nicht zuletzt dem Wirken von Pater Pio zu, dessen Konterfei Jutz im Wohnzimmer aufgehängt hat.
Dass in den Bergen jederzeit etwas passieren kann, weiß kaum einer besser als er. „Ich war nie ein Draufgänger. Aber nun bin ich noch vorsichtiger geworden.“ Und das liegt nicht nur daran, dass er vor drei Jahren Vater eines Sohnes wurde.
Pio Jutz
geboren 18. März 1971
Wohnort Frastanz
Ausbildung technischer Zeichner, Berg- und Skiführer
Familie in Lebensgemeinschaft, ein Sohn
Hobbys Klettern, Fotografieren, Garten