Harte Drogen als Teenager, Alkohol: Mimi sagt trotzdem Ja zum Leben

Mimi (39) geriet als Teenager in die harte Drogenszene. Heute will sie vom Alkohol loskommen.
Feldkirch Mimi würde nicht existieren, wenn es nach ihrer Mutter gegangen wäre. „Sie wollte mich nicht haben und abtreiben,“ taucht Mimi gedanklich in die Vergangenheit ab. Aber es war nicht Mimis Bestimmung, im Mutterleib zu sterben. Stattdessen sah das Schicksal ein mit seelischer und körperlicher Pein gespicktes Leben für sie vor.
Mimi prostet ihrem Kumpel Emil mit einer Dose Bier zu. „Auf uns“, sagt sie und nimmt einen kräftigen Schluck. Das Duo hat es sich hinter dem Caritas Café, einer Obdachlosen-Einrichtung in Feldkirch, bequem gemacht. Die zwei sitzen am Boden, hinter ihnen stehen mehrere Müllcontainer, die überquellen. Aber das stört die beiden nicht. Für sie zählt bloß, dass das Lebensmittelgeschäft nur ein paar Schritte entfernt ist. Dort gibt es Alkohol. Und der ist Mimi am wichtigsten. „Er steht bei mir an erster Stelle“, gibt sie zu. Die 39-Jährige kippt am Tag einige Bier runter. „Alkohol betäubt mich“, hat sie eine plausible Erklärung dafür, warum sie trinkt. Die zahlreichen Wunden, die das Leben ihr schlug, tun dann vorübergehend nicht weh.
“Ich finde keine Worte für das, was er mir angetan hat.”
Mimi
Mimi bekam schon früh die volle Härte des Lebens zu spüren. Sie war gerade erst dem Kleinkindalter entwachsen, als ein Mann in ihrem Umfeld übergriffig wurde. „Er hat mich über Jahre sexuell missbraucht.“ Nur einmal vertraute sich das Mädchen jemandem an. „Ich erzählte es meiner Schwester. Doch die glaubte mir nicht.“ Die Oberländerin zündet sich eine Zigarette an, nimmt einen tiefen Zug und sieht den Rauchkringeln ihres Glimmstängels nach. Dann meint sie unvermittelt: „Ich finde keine Worte für das, was er mir angetan hat.“ Das Martyrium war für das Mädchen erst zu Ende, als es mit 13 von zuhause ausbüchste.
Doch die Minderjährige geriet an die falschen Freunde und rutschte in die harte Drogenszene ab. „Mit 14 habe ich angefangen, mir Heroin zu spritzen. Mit den Drogen konnte ich das ausblenden und vergessen, was mir passiert ist.“ Um ihre Drogensucht zu finanzieren und ein Dach über dem Kopf zu haben, verkaufte Mimi ihren Körper. „Ich fing an, mit Männern zu schlafen.“ Sie ist froh, dass dieses Kapitel in ihrem Leben abgeschlossen ist. Denn: „Es war sehr, sehr schlimm. Ich musste meine Gefühle abstellen.“
“Das Leben ist schön, trotz Alkohol”
Mimi ist auch stolz darauf, dass sie es vor fünf Jahren geschafft hat, von den harten Drogen loszukommen. „Jetzt trinke ich nur noch Alkohol.“ Aber auch diese Sucht will Mimi überwinden. Denn: „Meinen Kindern und meinem jetzigen Mann tut es weh, dass ich alkoholkrank bin.“ Deshalb will sie demnächst wieder einen Entzug machen.
Das Leben mutete der 39-Jährigen schon viel zu. Dennoch ist sie des Lebens nicht überdrüssig. Im Gegenteil: Ihre Daseinsfreude ist groß, seit sie vier Mal einen Herzstillstand überlebt hat und dem Tod gerade noch von der Schaufel sprang. „Das Leben ist schön, trotz Alkohol“, findet Mimi, die ihr hübsches Gesicht jetzt genüsslich der Sonne zuwendet.