Warum das Ferienheim Oberbildstein trotz Corona in Betrieb ist

“Die Kinder mussten schon auf so viel verzichten. Deshalb wollten wir ihnen Ferien ermöglichen”, sagt die Heimleitung.
Oberbildstein Die Idylle im Ferienheim Oberbildstein ist an diesem Sonnentag kaum zu toppen. Überall ertönt fröhliches Kinderlachen. Die jungen Sommerfrischler bevölkern Schaukeln, Fußballfeld, Spielplatz, Sandkasten. Kurzum: ein ungetrübtes Ferienvergnügen.
“Spannende Aufgabe”
Was für die Kinder großteils zutrifft, gilt für die Organisatoren nicht. Für sie ist die Durchführung des Ferienbetriebes alles andere als “business as usual”. “Wir sind eines der wenigen Ferienheime, das den angemeldeten Kindern heuer zur Verfügung steht”, bemerkt Kinderpersonalleiter Martin Alfare (57) mit dem bedeutungsvollen Nachsatz: “Und das ist eine spannende Aufgabe.”
Heimleiterin Ulrike Grabher (51), die den derzeit laufenden dritten und heuer ersten Turnus leitet, sekundiert: “Wir haben uns sehr viel angetan und eine lange Vorbereitungsphase in Kauf genommen, um wenigstens zwei Turnusse durchzuführen und den Kindern diese Ferien zu ermöglichen.”

Alles genau geplant
Trotz Corona hatte der 17-köpfige Vorstand des Ferienheims bald seine Absicht formuliert, nicht gleich alles abzusagen. Ende Juni, und nach eingehenden Diskussionen, gab es die Entscheidung: “Ja, wir machen es. Wir stellen ein umfassendes Sicherheitskonzept für Gebäude und Betrieb zusammen. Wir behalten uns gleichzeitig die Möglichkeit vor, kurzfristig abzusagen, sollten das die aktuellen Coronaentwicklungen notwendig machen”, erläutert Grabher.
Gesagt, getan und umgesetzt. Schon die Ankunft war klar strukturiert. Die Eltern übergaben ihre Schützlinge in Gruppen zu festgelegten Zeiten im Eingangsbereich. Dabei trugen sie Masken. Sie mussten Formulare mit einem ausführlichen Fragenkatalog ausfüllen. Danach durften sie das Gebäude nicht mehr betreten. Die 80 Kinder wurden in sechs Gruppen eingeteilt und müssen für die Zuordnung stets verschiedenfarbige Armbänder tragen. Waschzeiten und die üblichen Hygienemaßnahmen erfolgen gestaffelt. Ebenso gestaffelt wird gegessen, und zwar an den für jede Gruppe zugewiesenen Tischen. Die strikte Trennung der Gruppen gilt auch für die Schlafbereiche. “Nur wenn die Kinder im Freien sind, können wir nicht alles genau kontrollieren. Dann vertrauen wir auch auf deren Selbstverantwortung”, ergänzt Alfare.

“Die Kinder halten sich an die Regeln. Sie sind ja schon einige davon gewohnt.”
Ulrike Grabher, Heimleiterin
Disziplinierte Kinder
Was das durch die besonderen Umstände auf acht Personen aufgestockte Betreuerteam bisher feststellen darf: “Die Kinder halten sich an die Regeln. Sie haben ja schon mit Corona und den damit verbundenen Einschränkungen zu leben gelernt. Das macht sich bezahlt”, sagt Grabher.
Dem Feriengenuss in der selbstverordneten Quarantäne mit den strengen Kontaktregeln tut das keinen Abbruch. Fragt sich nur: Warum tun sich Erwachsene im vollen Bewusstsein des Risikos, verbunden mit der Option eines plötzlichen Abbruchs des Ferientreibens, das an? “Weil man den Kindern in dieser Coronazeit schon so viel genommen hat. Wir wollten ihnen nicht auch noch diese Ferien nehmen. Deshalb haben wir alles getan, wenigstens zwei Turnusse abzuhalten”, sagt Ulrike Grabher nicht ohne Stolz.