Prozess Mordversuch: Was die Gutachter sagen

Am zweiten Prozesstag gegen angeklagte Niederländerin waren Mediziner am Wort.
Feldkirch Nach weiteren Zeugen startet der Nachmittag des zweiten Prozesstages am Landesgericht Feldkirch gegen eine 51-jährige Niederländerin wegen versuchten Giftmordes mit der Einvernahme der Mediziner. Als erstes wird der 50-jährige praktische Arzt einvernommen, der damals an jenem Sonntagabend Dienst hatte. Der Mediziner kannte den Patienten zuvor nicht als Hausarzt und wusste nur, dass er einen Hausbesuch machen sollte. Die Anruferin hatte Verschiedenes geschildert, deshalb entschied er sich, im Zweifel hinzufahren. Für den Arzt war es schwierig zu beurteilen, was das konkrete Problem war. Zum einen sprach die Angeklagte von Alkoholmissbrauch, zum anderen wurde von einem Unfall vor wenigen Tagen berichtet. Ob neurologisch ein Problem vorlag, war schwer einzuordnen. Der Mann wurde ins Spital gebracht. „An eine Medikamentenvergiftung dachte ich eigentlich nicht“, so der Arzt im Zeugenstand.
Zurechnungsfähigkeit außer Streit
Gerichtspsychiater Reinhard Haller untersuchte die Angeklagte. Er bestätigt Zurechnungsfähigkeit und verneint die Notwendigkeit einer Psychiatrieeinweisung. Die Frau sei zwar depressiv, aber nicht wie Menschen, die monatelang manisch-depressiv sind. Bei ihr seien die Depressionen viel mehr eine Reaktion auf einen Einschnitt, bedingt durch einen schweren Arbeitsunfall 2014. Damals wurde ihre Hand beinahe zertrümmert, Schmerzen ließen sie lange nicht zur Ruhe kommen, dann erkrankte noch ihre Mutter und starb. Die Berufsunfähigkeit bedrückte die Niederländerin, sie nahm Medikamente. Dass sie Selbstmordabsichten habe, hält der Fachmann für glaubwürdig.
Vieles offen
Die Toxikologin Marion Pavlic führt nochmals aus, welche Arzneistoffe nachgewiesen werden konnten und wie deren Wirkung ist. Es gab viele verschiedene, besonders gefährliche Wechselwirkungen. Dazu kam, dass der Mann, bedingt durch muskelentspannende und sedierende Wirkung, nicht abhusten konnte. Er atmete Erbrochenes ein, Fremdmaterial wurde in die Lunge transportiert, es kam zur Lungenentzündung. Hinweise auf auffällige Vorerkrankungen gab es keine. Was die Gerichtsmedizinerin nicht klären kann, ist, wer die Medikamente verabreicht hat und ob sie der Mann allenfalls selbst geschluckt haben könnte. Toxikologisch ist dies unmöglich. Ob der Rentner vermehrt dem Alkohol zusprach, ist ebenfalls Thema. Der festgestellte Leberschaden könnte, abgesehen von einer Medikamentenvergiftung, auch von Alkoholmissbrauch stammen. Allerdings sähen dann die roten Blutkörperchen anders aus, heißt es abschließend von der Expertin.