Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Husten und husten lassen

Vorarlberg / 23.09.2020 • 10:30 Uhr

Das waren noch Zeiten, als man der belegten Stimme gar keine Aufmerksamkeit schenkte und dem Husten allenfalls mit Salbeitee zu Leibe rückte. Gefürchtet Großmutters Schwitzbäder! Da saß man dann mit einem Handtuch überm Kopf am Küchentisch und atmete heiße Kräuterwolken ein und dachte bei sich: Nie wieder sag ich was!

Hat aber geholfen. Man genas rasch und lachte hernach über die kleine Unpässlichkeit. So war das in grauer Vorzeit, ehe Corona allen sorglosen Umgang zunichte machte. Heute kennt jeder jemanden, der schon einmal verdächtig gehustet hat. Und Ingeborg ist sowieso geliefert: Die hat nämlich – das presst sie atemlos ins Telefon – jemanden wenigstens fünf Minuten lang näher als zwei Meter an sich rangelassen, und nun hat der Corona! Das Ende naht. Ihre Stimme zittert. Vermutlich misst sie Fieber im Minutentakt.

Und das ist erst der Anfang. Schon machen uns Horrormeldungen schaudern, dass es knapp werden wird mit der Grippeimpfung. Werden wir dann würfeln müssen beim Apotheker? Oder sondert er die Patienten aus, denen noch Heilung zuteil wird? Und das alles zu einer Zeit, in der einfach alle husten und schniefen, weil schließlich Herbst ist. Bald schon ein nebliger, niesliger Herbst. Ja, das waren noch Zeiten, als das Motto hieß: Husten und husten lassen. So ganz ohne Hysterie. Aber mit Schwitzbad.