Wasser, Holz und Maßarbeit

Vorarlberg / 07.10.2020 • 09:27 Uhr
Hubert Loretz ist noch immer regelmäßig in der Säge anzutreffen und verarbeitet dort dicke Baumstämme zu schönen Brettern. <span class="copyright">yas</span>
Hubert Loretz ist noch immer regelmäßig in der Säge anzutreffen und verarbeitet dort dicke Baumstämme zu schönen Brettern. yas

Säge in Latschau kommt für Touristen und Nachbarn zum Einsatz.

Tschagguns Sägereibetriebe waren schon von weitem zu erkennen und zu hören. Die langgestreckten Gebäude, die gegen den Holzlagerplatz hin offen waren, standen bei einem Bach mit genügend Gefälle, um das meist oberschlächtige Wasserrad antreiben zu können. Die kreisförmige Bewegung des Wasserrades wird durch ein Gestänge in Auf- und Abwärtsbewegungen umgewandelt. Das Sägeblatt ist in einen Rahmen eingespannt und bewegt sich mit diesem auf und ab. Regelmäßig muss es mit dem „Schärfautomaten“ wieder geschliffen werden. Der Stamm liegt festgekeilt auf einem Schienenwagen. Zehn Minuten dauert es, bis ein Brett gesägt ist. Das anfallende Sägemehl holen die Bauern für die Einstreu im Stall.

Die alte Säge am Rasafeibach in Latschau ist nach dem Flurnamen „Mülli“ (die Mülli erinnert an die bis ins 20. Jahrhundert in der Nähe betriebene Getreidemühle) und dem früheren Besitzer Ferdinand Loretz benannt, die „Ferdi-Mülli“. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Rasafei-Bach ein gefürchteter Wildbach von 6,5 Kilometern Länge. Die Familie Loretz erwarb 1849 die seit dem 18. Jahrhundert betriebene Säge.

Als Hubert Loretz (80) vor 20 Jahren in Rente ging, renovierte er die Säge. Auch das Dach ließ er neu schindeln. Seit 53 Jahren ist der ehemalige Illwerkler in Latschau verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel. Er hofft, dass ein Sohn die Säge einmal weiterführen wird. „1907 hat mein Großvater die ganze Technik von einer aufgelassenen Säge in Frastanz gekauft. Noch heute funktioniert alles einwandfrei. Mein Großvater konnte bis 1960 seine Familie nur durch die Sägerei ernähren.“ Gebaut wurde die Säge um 1780 herum. Damals war es meist ein Nebenerwerb für die Bauern und wurde Sägemühle genannt. Im Winter war „Sägezeit“, da die Felder nicht bewirtschaftet werden konnten. Die Holzstämme kamen mit den Schlitten zur Säge.

Leidenschaft und Tradition

„Ich hänge an dieser Säge. Fünf Jahre habe ich noch zusammen mit meinem 90-jährigen Vater gearbeitet. Mit 95 hatte er dann keine Lust mehr und schaute nur noch ab und zu vorbei. Ich säge für mich, für Nachbarn und Freunde. Inzwischen ist die Säge auch ein Museum und ich mache Führungen für Touristen. Meine Frau hat schon oft gesagt, dass die Säge mehr gilt als sie, weil ich den ganzen Tag hier bin. Natürlich stimmt das nicht“, sagt Loretz. YAS