Mostsaison biegt in die Zielgerade

Vorarlberg / 22.10.2020 • 10:00 Uhr
Mostsaison biegt in die Zielgerade
Der Brei wird gleichmäßig auf dem Kunststofftuch verteilt. Andrea und Volker Klien haben alle Handgriffe schon Tausende Male praktiziert. VN/PAULITSCH

Bei Kliens in Hohenems wird seit 90 Jahren die süße Köstlichkeit herausgepresst.

Hohenems Selbst mit verbundenen Augen stünden die Chancen nicht schlecht, den Standort zu erraten. Es riecht nach Trester und nach Äpfeln, man hört das Förderband quietschen, vernimmt das polternde Geräusch der von den Harassen ins Waschbecken geleerten Früchte und nimmt das unvergleichliche Knarren der Röschen wahr, zwischen denen das in Tücher verpackte Obst gepresst wird und als köstlicher Süßmost in die bereitgestellten Behälter rinnt.

Der 14-jährige Julian gibt das Obst in das Waschbecken. Von dort wird es mit dem Becherelevator nach oben in die Mühle geschafft. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Der 14-jährige Julian gibt das Obst in das Waschbecken. Von dort wird es mit dem Becherelevator nach oben in die Mühle geschafft. VN/Paulitsch

Most für die Alpe

Es ist Mosterzeit, bei den Kliens um diese Jahreszeit bereits seit 90 Jahren und in vierter Generation. Paul Mathis (70), ein Stammkunde, ist gerade da. “Die beste Mosterei”, zwinkert der Pensionist und macht sich daran, seine Fuhre an mitgebrachten Äpfeln und Birnen ins Waschbecken zu befördern. “Sie mosten hier noch auf traditionelle Art und Weise”, führt Mathis aus. Zum vierten Mal mostet er heuer schon. Sein 14-jähriger Enkel Julian geht ihm zur Hand. Dieses Mal wird es Gärmost, das heißt Mathis lässt den Süßmost sich in Alkohol verwandeln und zu einem besonderen Saft reifen. “Den nimmt mein Sohn dann mit auf die Alpe und verköstigt ihn dort”, erzählt der rüstige Senior. Den Hauptteil des Gemosteten lässt Mathis jedoch pasteurisieren. Das bedeutet, der Most bleibt süß.

50.000 Liter

Andrea (58) und Volker Klien (61) sind an diesem Mittwochnachmittag ordentlich beschäftigt. Bald stößt Sohn David dazu und unterstützt eine Eltern beim Verpacken des Obstbreis in die Kunststofftücher und dem Drauflegen der Holzrüschen. “Wir sind heuer mit der Nachfrage durchaus zufrieden”, sagt Andrea. Freilich will Volker nicht wirklich daran denken, wie das noch vor 20 Jahren war. “Damals haben wir noch doppelt so viel gemostet. Fünf Tage die Woche oft über zwölf Stunden war die ganze Familie damals auf den Beinen.” Jetzt sind es noch zwischen 40.000 und 50.000 Liter Süßmost, die bei den Kliens pro Saison verarbeitet werden.

Dem Opa schmeckt der frischgepresste Saft. Vier Mal war Paul Mathis heuer bereits mosten. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Dem Opa schmeckt der frischgepresste Saft. Vier Mal war Paul Mathis heuer bereits mosten. VN/Paulitsch

Noch eine Woche

Immerhin sei das Arbeitsvolumen in den letzten Jahren in etwa gleich geblieben. “Es kommen auch wieder Junge zum Mosten, aber natürlich sind die älteren Hohenemser immer noch unsere besten Kundschaften”, verrät Volker.

“Es mosten wieder mehr Junge. Aber die Älteren sind unsere Stammkundschaften.”

Volker Klien, Moster

Bald schon ist das Mosterjahr wieder vorbei. “Noch bis Allerheiligen geht’s, erzählt der im Hauptberuf als Dreher arbeitende Hohenemser. Darüber ist er nach anstrengenden Wochen auch froh. Aber genauso froh sind er und Andrea, wenn es im Spätsommer des darauffolgenden Jahres wieder losgeht.