Ein Kommen und Gehen an den Schulen

Von Schließung keine Rede. Schüler können auch ohne Begründung Betreuung in Anspruch nehmen.
Bregenz Praktizierter Lockdown an den Schulen? Von wegen. Aufgrund täglich erneuerter Vorgaben ist das Leben an den heimischen Schulen recht turbulent. Die jüngst ausgegebene Parole aus Wien: Keinem Kind darf Betreuung, Lernförderung, regulärer Unterricht, Nutzung der Infrastruktur – was immer an den Bildungsstätten gerade angeboten wird – verweigert werden. Am ersten Tag des zweiten Lockdowns haben sich in Vorarlberg knapp 20 Prozent aller Volksschüler an ihren gewohnten Arbeitsplätzen eingefunden. Weit weniger kamen an die Mittelschulen (890 = 7 Prozent) sowie an die AHS-Unterstufe (165 = 4 Prozent). Insgesamt erschienen 13 Prozent aller Schüler von Volksschulen und Sekundarstufe eins auch am Dienstag in ihren Bildungsstätten.
„Das sind schon am ersten Tag des zweiten Lockdowns drei Mal so viele, wie wir am Ende der ersten Schulschließungsperiode hatten“, bilanziert Elisabeth Mettauer-Stubler (38), Leiterin der Kommunikation bei der Bildungsdirektion Vorarlberg. Nachsatz: „Ich rechne damit, dass sich diese Zahlen noch deutlich erhöhen werden.“
Alle dürfen kommen
Was nicht verwundern würde. „An den Schulen geht es ja zum Teil zu wie an Tagen der offenen Tür“, kommentiert Lehrervertreter Willi Witzemann (61) das Geschehen. „Schüler dürfen kommen, wann sie wollen. Sie dürfen gehen, wann sie wollen. Durch die jüngste Anordnung vom Bildungsministerium, darf ja keinem Kind Betreuung verweigert werden. Begründen muss man das gar nicht mehr“, ist Witzemann alles andere als glücklich. Am Vortag war das zum Teil noch anders. Da berichtete Andreas Kappaurer (59), pädagogischer Leiter der Bildungsdirektion, von einzelnen Eltern, deren Betreuungswünsche von Direktoren abgelehnt wurden. „Jetzt ist es so, dass vom Ministerium die Weisung gekommen ist, jeden Brief eines Direktors über die Betreuungssituation an die Eltern nach Wien zu schicken. Damit ja keiner Einschränkungen verkündet“, spricht Witzemann von Bevormundung.
Unterricht nah und fern
Tatsächlich ist das Aufgabengebiet für einige Pädagogen derzeit breit gefächert. Sie agieren am Standort als Betreuer und Lehrer für die eine Gruppe von Schülern und organisieren Fernunterricht für die andere. „Die Belastung ist für viele Lehrer schon sehr groß“, findet Mettauer. Das sieht auch Lehrervertreter Witzemann so, der seinerseits nicht mit Kritik an den Direktiven aus dem Bildungsministerium spart. „Es kommt alles immer überfallsartig daher. Dass man die Schulen überhaupt offiziell schließen musste, versteht Witzemann überhaupt nicht. „Es haben so viele Experten davon abgeraten. Und trotzdem wird es einfach gemacht. Und jetzt haben wir das.“
Lob für die Pädagogen kommt von der Elternvertretung. „Ich nehme wahr, dass viele Eltern den Lehrern sehr dankbar sind, wie flexibel sie diese schwierige Situation handhaben“, sagt Pflichtschulelternvertreter Michael Tagger (56), selbst Vater von vier schulpflichtigen Kindern.
„Es ist wie an Tagen der offenen Türe. Schüler kommen und gehen, wann sie wollen.“
