Spannende Nachbarn
Die Frage, wann das Herunterfahren vieler Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens zu Ende sein und wie der Alltag dann aussehen wird, steht derzeit naturgemäß im Vordergrund. Auch wenn parteipolitische Akzente der Diskussion immer stärker sichtbar werden, liegt das Interesse am Ausgang anstehender Wahlen nach wie vor weit im Hintergrund.
Dazu kommt, dass wir 2021 in Österreich nur ein sehr kleines Wahljahr haben werden. Den Anfang macht am 7. März die Vorarlberger Landwirtschaftskammerwahl, bei der lediglich die Frage interessant ist, wie groß diesmal die traditionelle Übermacht des Bauernbundes ausfallen wird. Dann gibt es noch Gemeindewahlen in Kärnten und im September Landtags- und Gemeindewahlen in Oberösterreich, bei denen immerhin 17 % der Österreicherinnen und Österreicher zu den Wahlurnen gehen werden. Bemerkenswert ist die mit sechs Jahren längste Wahlperiode Österreichs und die dort übliche Gleichzeitigkeit von zwei Wahlen, was naturgemäß positive Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung hat. Nachdem 2015 der zwölf Jahre Bestand gehabt habenden schwarz-grünen Zusammenarbeit die Mehrheit im Landtag abhandengekommen war, kam es zu einer Koalition der ÖVP mit der FPÖ. Ob diese ihr Rekordergebnis (mit 18 Abgeordneten nahe an die ÖVP mit ihren 21 Mandaten herangerückt) halten kann, ist sehr zweifelhaft. Wenn auch die Blauen in Linz auf Eigenständigkeit großen Wert legten, werden die von Strache ausgelösten Turbulenzen nicht spurlos an ihnen vorübergehen. Auch 2022 bleibt mit Wahlterminen ereignisarm, und wenn Bundespräsident Van der Bellen wieder kandidiert, zudem völlig spannungsarm. Wir haben also zwei Jahre vor uns, in denen die Bundesregierung weitgehend ungestört von Wahlterminen arbeiten kann. Erst 2023 kommt das Wahlkarussell mit Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol, Salzburg und Kärnten wieder richtig in Schwung.
„Heuer geht es bei unseren deutschen Nachbarn richtig zur Sache.“
Dafür geht es heuer bei unseren deutschen Nachbarn richtig zur Sache. Den Anfang machen die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März, dann folgen Berlin, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem in den letzten drei Bundesländern ist die rechtsradikale AfD stark vertreten. Das macht eine Regierungszusammenarbeit der anderen Parteien – wie man vor allem in Thüringen sehen konnte – nicht einfach, und das könnte noch schwieriger werden. Alles mündet dann im Herbst in eine spannende Bundestagswahl, an der die Ergebnisse der sechs Landtagswahlen nicht spurlos vorübergehen werden. Dass Bundeskanzlerin Merkel nicht mehr zur Wahl antritt, wird die Karten neu mischen – zumal noch völlig offen ist, wer den Parteivorsitz in der CDU übernimmt und auf welche Person als Kanzlerkandidat sich diese dann mit der CSU verständigen kann.
Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.
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