„Gallierinnen“ bleiben aktiv

Sie öffnen eine Webseite, auf der die Schüler ein spezielles Zeugnis erhalten sollen.
LUSTENAU „Jetzt haben wir also doch noch das, was wir wollten. Auch wenn das so nicht vorgesehen war“, schmunzelt Simone Flatz, Lehrerin an der Volksschule Lustenau Kirchdorf. Die Reformpädagogin zählte vor einem Jahr zu den Initiatoren jener Gruppe, die sich vehement gegen die Verpflichtung zur Vergabe von Ziffernnoten für Volksschüler bis zur vierten Klasse einsetzte. Deren Kampf war vergeblich, die Regierung schuf Fakten, hob die Möglichkeit der verbalen Beurteilung bis in die dritte Klasse auf. Doch eines schaffte sie nicht: die Gruppe der engagierten LehrerInnen an der VS Kirchdorf zum Schweigen zu bringen. Die Drohung, keine Zeugnisse mit Ziffernnoten für ihre Klassen auszuhändigen, wurde österreichweit zum großen Thema und hielt auch die Bildungsdirektion Vorarlberg mehrere Tage ordentlich auf Trab.
Wertschätzung, Ermutigung
„Wir wollen nicht, dass die Schulkinder am letzten Tag vor den Semesterferien kein Zeugnis erhalten, dieses erst mit Beginn des zweiten Semesters in Empfang nehmen sollen. Deswegen haben wir uns etwas einfallen lassen“, erklärt Flatz.
Konkret geht es um die Installierung der Website www.wortestattnoten.at. Darin können alle, die möchten, den Schülerinnen und Schülern der VS Kirchdorf verbale Botschaften zukommen lassen. „Es geht uns darum, dass die Kinder in persönlichen Worten Wertschätzung, Ermutigung und Orientierung erfahren. So wie eine Leistungsrückmeldung im 21. Jahrhundert sein sollte. Auch ohne Corona.“ Freunde, Verwandte, aber auch Außenstehende sollen mit ihren Beiträgen diese Wertschätzung durch Einträge auf der Homepage dokumentieren.
Es soll dies eine Anerkennung der Leistungen in schwerer Zeit sein. „Die Kinder mussten zu Hause lernen, auf vieles zu verzichten. Sie haben so wie die Eltern viel Lob und Respekt verdient. Und das lässt sich ganz sicher nicht in eine Ziffer zwängen“, sagt Simone Flatz. Es handle sich um ein außerordentliches Schuljahr mit außerordentlichen Leistungen. „Diese Leistung auf eine Note zu reduzieren, wird dem Menschen nicht gerecht“, sagt die Obfrau des Vereins.
Die „Gallierinnen“
Vor genau einem Jahr sammelten „die Gallierinnen vom Rhein“, die ihre Klassen nach den Namen der berühmten Comix-Helden benennen, 12.000 Unterschriften für die Wahlfreiheit bei der Notengebung.
Sie reisten sogar nach Wien ins Bildungsministerium, wo ihnen Minister Heinz Faßmann ein Gespräch verweigerte. Dort übergaben sie die zahlreichen Unterschriften und hofften insgeheim auf eine Gesetzesänderung.Letztlich mussten sich die PädagogInnen dem Gesetz beugen. Der reformpädagogische Geist ließ sich jedoch nicht in der Flasche halten. Das soll gerade auch diese Aktion deutlich machen.
Umstrittene Zeugnisse
Zeugnisse, natürlich mit Ziffernnoten, soll es für alle Schülerinnen und Schüler am ersten Tag des Präsenzunterrichts nach den Semesterferien geben. Deren Erstellung ist jedoch aufgrund der coronabedingten Umstände umstritten. Es habe zu wenig Grundlagen gegeben, die Schüler korrekt zu beurteilen, meinen Kritiker.
„Wir wollen unseren Schülerinnen und Schülern Wertschätzung entgegenbringen.“
