Johanna Rhomberg (22) musste früh erwachsen werden

Nach dem Lawinentod des Vaters übernahm Johanna Rhomberg nicht nur seine Landwirtschaft, sondern auch eine tragende Rolle im familieneigenen Hotel “Madrisa”.
Gargellen Johanna Rhomberg (22) war ein Papakind. „Ich war oft im Stall bei Papa.“ Johannas Vater, Bertram Rhomberg, war – gerne – Hotelier. Er führte zusammen mit seiner Frau Monika das Hotel Madrisa in Gargellen. Die Landwirtschaft war sein Ausgleich zum oft stressigen Berufsalltag. Bertram hielt Mutterkühe, Schafe und Pferde. Er liebte die Tiere. Seiner Tochter bedeuteten sie bald eben so viel.
Die kleine Johanna packte aber nicht nur im Stall gerne mit an, sondern auch im Hotel. „Mit sechs habe ich geholfen, Teller wegzutragen.“ Weil sie im Hotel aufwuchs und sie es spannend fand, viele Menschen und Kulturen kennenzulernen, wollte sie beruflich in diese Richtung gehen. Denn: „Die Zusammenarbeit mit vielen Menschen ist schön.“

Deshalb absolvierte die Montafonerin nach der Schule – Johanna besuchte die HLW – eine Lehre zur Hotel- und Gastgewerbeassistentin. „Ich habe dann in unserem Hotel angefangen zu arbeiten und alle Stationen durchgemacht – von der Küche bis zur Rezeption. Papa war es ein Anliegen, dass ich alle Bereiche kennenlerne und dass ich die Arbeiten und die Menschen, die sie verrichten, wertschätze.“ Sie war aber auch zur Stelle, wenn ihr Vater sie im Stall brauchte. „Ich habe ihm beim Zäunen geholfen. Wir haben auch immer zusammen die Tiere auf die Alpe gebracht.“
Die rechte Hand der Mutter
Als Johannas Vater im November 2017 im Alter von 56 Jahren bei einem Lawinenunglück ums Leben kam, wurde die 19-Jährige abrupt erwachsen. „Jetzt hatte ich die Verantwortung für 25 Stück Vieh.“ Die junge Frau wurde ins kalte Wasser geworfen und musste nun vieles schnell lernen. „Als eine Kuh kälberte, habe ich mir darüber ein YouTube-Video angeschaut. Das gab mir Sicherheit und nahm mir die Nervosität“, erzählt Johanna, die als Landwirtin auch den Traktor-Führerschein machen musste.
Der plötzliche Tod des Vaters hatte außerdem zur Folge, dass sie im Hotel eine tragende Rolle übernahm. „Meine Mutter führte das Hotel weiter. Ich wurde ihre rechte Hand und bin jetzt im Haus der erste Ansprechpartner für die Gäste. Das taugt mir voll.“
“Mir hat der plötzliche Tod des Vaters die rosarote Brille runter gezogen. Ich erkannte, dass das Leben kein Ponyhof ist.”
Johanna Rhomberg, Landwirtin und rechte Hand der Chefin des Hotels Madrisa
Der jungen Gargellnerin macht beides Spaß – die Arbeit im Hotel und jene im Stall. Wenn der Job einem keine Freude bereitet, sollte man ihn lassen, findet Johanna. Denn das Leben sei zu kurz, um ungeliebten Tätigkeiten nachzugehen. „Man muss schauen, dass man mehr lebt, solange man da ist.“ Seit sie den Vater verloren hat, schätzt sie das Leben mehr. Seither weiß sie auch, dass das Leben „kein Ponyhof“ ist. „Mir hat es die rosarote Brille runter gezogen.“ Johanna erfuhr früh die dunkle Seite des menschlichen Daseins. Zuerst dachte sie, dass das Leben nur mit ihr und ihrer Familie so grausam umgeht. „Aber wenn man mit den Gästen spricht und von deren Schicksal hört, merkt man, dass es nicht nur dich, sondern alle Menschen trifft.“
Sein Tod bleibt eine Wunde
Die Gäste spendeten Johanna viel Trost. Das machte den Verlust des geliebten Menschen erträglicher. “Aber so richtig abschließen tust du nie. Du fängst an, damit zu leben und lernst, damit umzugehen. Aber irgendwie bleibt es immer eine Wunde.” Immer wieder gibt es Tage, an denen Johanna ihren Papa vermisst und denkt: “Wenn er jetzt da wäre, wäre es leichter.”
Wenn Bertram Rhomberg sie vom Himmel aus sehen könnte, wäre er sicher stolz auf seine Tochter, weil sie zwei Jobs – mit Freude und Hingabe – schaukelt und jetzt auch noch seinen Plan umsetzen möchte. “Papa wollte einen neuen Stall bauen. Ich werde ihn voraussichtlich nächstes Jahr erneuern lassen.”
Johanna Rhomberg
geboren 28. März 1998 in Feldkirch
Wohnort Gargellen
Ausbildung Hotel- und Gastgewerbeassistentin
Familie ledig
Hobbys Natur, Skitouren, Bergrettung, Freunde