Gericht: Die Ehefrau als „Sklavin“ gedemütigt

Nach der Zwangsheirat zum Familientyrann: 15 Monate teilbedingte Haft für Afghanen.
Feldkirch In dieser Ehe kann weder von Liebe noch von Zuneigung als Quell des Glücks gesprochen werden. Viel mehr von Unglück. Es war dereinst ein arrangierter Bund fürs Leben zwischen dem Mann und seiner Cousine in Afghanistan, aus der immerhin fünf Kinder entsprangen. Dann die gemeinsame Flucht nach Vorarlberg.
Hier muss sich der 42-jährige Familienvater (dessen Alter eine amtliche Angabe ist, er selbst weiß angeblich nicht, wie alt er ist) wegen fortgesetzter Gewaltausübung am Landesgericht Feldkirch verantworten.
„Sämtliche Zähne ausreißen“
Staatsanwalt Johannes Hartmann wirft ihm vor, seine nunmehr 36-jährige Frau jahrelang geschlagen, mit Füßen getreten und bedroht zu haben. „Er würde ihr sämtliche Zähne ausreißen und ihren Bauch aufschlitzen, bis die Gedärme heraustreten“, zitiert Hartmann wüste Drohungen aus dem Strafantrag. Der Beschuldigte hätte keinen Widerspruch seiner Frau geduldet, eine „Sklavin“ in ihr gesehen und sie auch so behandelt.
Der Angeklagte selbst bezeichnet sich zunächst mal als harmloses Unschuldslamm. Niemals sei er seiner Ehefrau mit Gewalt zu Leibe gerückt. Schläge? Niemals. Und Drohungen? Na ja, einmal hätte er ihr schon gedroht. Aber nur einmal. Indem er zu ihr gesagt habe: „Ich werde dir den Kopf herausdrehen.“ Aber wenn schon, was sei denn so schlimm dabei? „Ich wusste nicht, dass so etwas hier eine Straftat ist. In Afghanistan sind solche Äußerungen üblich“, rechtfertigt er sich vor Richter Martin Mitteregger.
Sämtliche anderen Vorwürfe bestreitet der 42-Jährige. „Ihre Brüder haben ihr eingeredet, dass sie mich beschuldigen soll“, behauptete der Angeklagte schon von Beginn an und handelte sich damit gleichzeitig eine zusätzliche Anklage wegen Verleumdung ein.
Opfer in Tränen
Über eine Videokonferenz wird nun seine Ehefrau und Opfer des Martyriums einvernommen. Die 36-Jährige bricht in Tränen aus. Sie spricht von regelmäßigen Misshandlungen mit Fäusten und Füßen und Todesdrohungen. „Die Kinder umarmten mich und fragten, ob er es schon wieder getan habe. Ich werde ihm das nie verzeihen!“ Der Angeklagte verfolgt die Schilderung mit kaltem Blick, doch sein Körper rumort deutlich. „Ich liebe meine Familie“, sagt er im letzten Wort vor der Urteilsverkündung.
Richter Mitteregger hingegen ist überzeugt: „Die Frau sagt die Wahrheit, daran gibt es keinen Zweifel.“ Der Afghane wird im Sinne der Anklage (fortgesetzte Gewaltausübung) und Verleumdung schuldig gesprochen. Ansonsten unbescholten, wird der 42-Jährige zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (zehn davon auf Bewährung) verurteilt. An seine Frau muss er 2500 Euro Schmerzengeld entrichten. Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin akzeptiert der Mann das Urteil, das somit rechtskräftig ist. Auch wenn er nicht verstünde, warum dies ein „gerechtes Urteil“ sein soll, wie er noch zu verstehen gibt.