Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Gleichheit und Ethik

Vorarlberg / 05.03.2021 • 06:30 Uhr

Es hat einige Zeit gedauert, doch nun hat auch die Vorsitzende der Bioethikkommission klare Worte gefunden: Es ist nicht angebracht, auf Immune, also Menschen, die eine Infektion mit dem Corona-Virus überstanden haben, und Geimpfte, dieselben Beschränkungen anzuwenden wie auf andere Personen. Damit hat eine kompetente Person den unzähligen Hobbyverfassungsrechtlern in der öffentlichen Meinung die richtige Antwort erteilt: Die Auffassung, eine Aufhebung der Beschränkung für Immune sei gleichheitswidrig, solange nicht die letzte impfwillige Person ein Vakzin erhalten hat, ist schlicht und einfach falsch. Verfassungswidrig ist vielmehr, Personen, die – für einen gewissen Zeitraum – andere nicht gefährden können und selbst nicht gefährdet sind, ihre Grundrechte vorzuenthalten.

„Der Staat muss sich eben bemühen, den Impfbedarf so rasch und fair wie möglich zu befriedigen.“

Natürlich ist es ein ethisches Problem, dass derzeit noch nicht genügend Impfstoff zur Verfügung steht, um alle Impfwilligen damit zu versorgen. Auch ist es verständlich, wenn die Menschen über BürgermeisterInnen und sogenannte „Ehrenamtliche“ wütend sind, die sich beim Impfen vorgedrängt haben und das vielleicht noch immer tun.

Diese Argumente wiegen jedoch nicht schwer genug, um die rechtlichen Bedenken auszuräumen. Das hat auch die Bioethikkommission erfreulicherweise erkannt. Der Staat muss sich eben bemühen, den Impfbedarf so rasch und fair wie möglich zu befriedigen. Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, müssen – auch das hat die Expertin festgestellt – solidarisch behandelt werden. Das bedeutet, dass auch diese Personen im Ergebnis wie Immune zu behandeln sind.

Gesunde, die sich hingegen ohne gerechtfertigte Gründe einer Impfung verweigern, müssen dagegen in Zukunft wohl hinnehmen, dass sie weder ein Flugzeug besteigen noch eine Hotelbuchung vornehmen können. Der europaweite Impfpass, den der Bundeskanzler vorgeschlagen hat, ist die logische Konsequenz daraus, dass langfristig nur die Impfung das Virus und seine Mutationen einbremsen wird.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.