Gastwirtin überlegt sich, einen neuen Job zu suchen

Vorarlberg / 22.03.2021 • 12:00 Uhr
Maria Schöpf (Mitte), die Wirtin des Gasthofs „Zum guten Tropfen“, mit ihrem Lebensgefährten Kurt Scheuch und dessen Schwester Alexandra Scheuch. <span class="copyright">KUM</span>
Maria Schöpf (Mitte), die Wirtin des Gasthofs „Zum guten Tropfen“, mit ihrem Lebensgefährten Kurt Scheuch und dessen Schwester Alexandra Scheuch. KUM

Drei Menschen, die sich nahestehen und gemeinsam der Pandemie trotzen.

Gaschurn Die kleine, urige Gaststube ist verwaist. Normalerweise würden hier jetzt Einheimische und Touristen das Leben feiern, miteinander trinken, essen, reden, lachen und den Musikanten lauschen, die hier regelmäßig aufspielen. Doch die Corona-Pandemie und die Lockdowns haben dem Gasthausleben ein jähes Ende gesetzt. Der Anblick der menschenleeren Gaststube treibt der Wirtin des Gasthofes „Zum guten Tropfen“ in Partenen Tränen in die Augen. „Da arbeitest du 35 Jahre lang hart und wirtschaftest gut. Und dann geht innerhalb eines Jahres alles den Bach runter“, versteht Maria Schöpf die Welt nicht mehr. Die Gastwirtin denkt bereits daran, sich einen Job zu suchen. „Das muss ich, wenn es so weitergeht.“

Maria hat noch nie woanders gearbeitet. Die 54-Jährige wurde im „Zum guten Tropfen“ groß. Ihre Mutter betrieb das Gasthaus, dem auch immer mehrere Gästezimmer angeschlossen waren. Mit 19 Jahren übernahm sie den Betrieb. Maria verstand es, das Haus (mit den 30 Betten) erfolgreich weiterzuführen. Existenzsorgen waren ihr fremd – bis zum Ausbruch der Pandemie. „Unsereins ist auf schlechte Zeiten eingestellt. Aber dass alles von heute auf morgen stillgelegt wird – daran denkt man nicht im Entferntesten.“

Der 16. März 2020 werde ihr für immer in Erinnerung bleiben, sagt sie. „Da musste ich meine Gäste wegschicken und alles dichtmachen.“ Die gute Sommersaison tröstete sie über die erlittenen Einbußen hinweg. Aber als klar war, dass die Wintersaison 20/21 nicht stattfinden wird, fiel ihre Stimmung in den Keller. Denn: „70 Prozent des Gesamtumsatzes mache ich im Winter.“ Um über die Runden zu kommen, nahm Maria einen Überbrückungskredit auf. Die finanzielle Unterstützung, die sie vom Staat bekam, nahm sie dankbar an, „aber es war nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ Einige Branchenkollegen haben ihre Häuser letzte Woche wieder geöffnet. Für Maria wäre das unrentabel. „Es steht sich nicht dafür. Von den sieben Tischen in der Gaststube könnte ich aufgrund der Zwei-Meter-Abstandsregeln nur vier besetzen. Damit könnte ich nicht einmal Alexandra bezahlen, meine Bedienung.“

Schwere Zeiten

Alexandra Scheuch (56) arbeitet seit zehn Jahren bei Maria. „Sie ist eine super Kellnerin“, lobt ihre Chefin. Dass die Gastwirtin derzeit keine Arbeit für sie hat, tut ihr „extrem“ leid. Bis zur Pandemie hatte Alexandra geglaubt, „dass man in der Gastronomie immer Arbeit hat“. Im vergangenen Jahr belehrte das Leben die gelernte Kellnerin eines Besseren.

Alexandra versucht derzeit mit dem Arbeitslosengeld ihr Auslangen zu finden. Aber das funktioniert nicht. „Unsere Politiker müssten einmal mit dem Arbeitslosengeld, das ich bekomme, auskommen müssen“, zeigt sie offen ihren Unmut. Ihr Glück sei nur, dass sie Erspartes habe. „Ich musste schon darauf zurückgreifen.“ Auch ihr Sohn sprang in der Not ein. „Er hat mir das Heizöl bezahlt.“ Die 56-Jährige, die immer sehr stolz auf ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit war, hofft, dass die Sommersaison stattfindet. „Sonst habe ich ein Problem.“

Auch ihrem Bruder Kurt Scheuch (53) setzt die Pandemie mächtig zu. Der studierte Musiker hat sein Leben auf zwei Einkommenssäulen aufgebaut: auf den Bürojob bei der Kfz-Zulassung und auf die Auftritte als Musiker. Seit 30 Jahren spielt der Gaschurner in Hotels, unter anderem auch im Gasthaus seiner Lebensgefährtin Maria Schöpf. Bis zu 50 Auftritte im Monat waren es. Die Musik war dem Chelijah-Solisten und Mitglied der Salty Slickers immer ein gutes Zubrot. „Aber jetzt liegt die Branche durch die Lockdowns danieder. Deshalb habe ich als Musiker kein Einkommen mehr.“ Der Montafoner ist froh, dass er seinen Bürojob noch hat. „Mir tun aber meine Kollegen leid, die die Musik professionell ausüben. Die Unterstützung, die sie vom Staat bekommen, kann man nicht einmal als Almosen bezeichnen.“

„Bis zur Pandemie war ich überzeugt, dass man in der Gastronomie immer Arbeit hat.“