Gericht: Viereinhalb Jahre Haft für Sexualstraftäter

Vorarlberg / 23.06.2021 • 19:30 Uhr
Gericht: Viereinhalb Jahre Haft für Sexualstraftäter
Der Angeklagte beteuert, dass er nie einen der Buben zu sexuellen Handlungen gezwungen habe. Eckert

56-Jähriger lockte fünf Buben aus der Verwandtschaft zu sich, missbrauchte und vergewaltigte sie.

Feldkirch „Das ist doch grotesk. Ein sechsfacher Familienvater sieht seine Kinder aufwachsen und soll gleichzeitig – quasi am laufenden Band – Buben sexuell missbraucht haben“, versuchte Verteidiger German Bertsch bereits im ersten Prozessdurchgang am Landesgericht Feldkirch im Mai die Unschuld seines Mandanten zu untermauern. Staatsanwältin Julia Berchtold hatte in ihrem Eröffnungsplädoyer die Vorwürfe gegen den 56-Jährigen, der schon lange in Österreich lebt, vorgetragen. Es sind sexuelle Übergriffe, die im Zeitraum 2001 bis 2014 in verschiedener Intensität stattgefunden haben. Der Angeklagte beteuert, dass er nie einen der Buben zu sexuellen Handlungen gezwungen habe, von Gewalt keine Rede. Die Opfer schilderten in ihren Einvernahmen jedoch ein ganz anderes Szenario.

Karate und Musik

Der Angeklagte, der mit den Kindern verwandt ist, verstand es, sie anzulocken. Die Opfer, allesamt männlich, waren interessiert an Karateunterricht. Auch „Saz“, ein türkisches Seiteninstrument, gefiel den Kindern im Alter zwischen sieben und 16 Jahren. Doch im Haus des Angeklagten, im Keller, im Schuppen wurde nicht lange gekämpft oder musiziert. Stattdessen hielt der Erwachsene die Kinder fest und missbrauchte sie. Teils blieben die Taten beim Versuch, teils war der Täter bekleidet, teils nackt. In etlichen Fällen kam es sogar zur analen Vergewaltigung. Das Opfer wehrte sich, doch der Mann tat dem Kind weiter weh. „Alles Märchen, wer es glaubt, wird selig“, ist die Verteidigung überzeugt, dass es sich um Lügen und eine Absprache handelt.

Aufwändiges Verfahren

Die Videos der Einvernahmen sämtlicher Opfer werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgespielt. Die Schöffen und die Richter machen sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Betroffenen, die heute zum Teil erwachsene Männer, zum Teil noch Jugendliche sind. Der erste angeklagte Vorfall reicht bis ins Jahr 2001 zurück. Die Verteidigung beantragte etliche Zeugen, vor allem Familienangehörige. Der Zweck: Sie sollten bestätigen, dass es in den beengten Wohnverhältnissen nie und nimmer möglich gewesen wäre, sich mit den Opfern immer wieder heimlich und unbemerkt für sexuelle Handlungen zurück zu ziehen. Der Senat glaubt jedoch den Opfern und spricht den Beschuldigten in allen Anklagepunkten schuldig. Die Haft für den bislang Unbescholtenen wird mit viereinhalb Jahren festgelegt, außerdem muss er 4000 Euro an Entschädigung zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Anklagebehörde ist die Strafe zu niedrig. Die Verteidigung will die Entscheidung ebenfalls bekämpfen. Nach Rechtskraft eines Urteils sind langjährige Freiheitsstrafen in einer Vollzugsanstalt im Osten Österreichs zu verbüßen.