Raumpionier im urbanen Teich

Jan Gartner ist Stadtplaner. Der Bodensee lehrte ihn den Blick über den Tellerrand.
Wien Als Kind streifte er durch die Auwälder der Bregenzerach und erlebte die Weite des Bodensees als prägendes Element seiner Kindheit. „Am See hab ich eine freie und glückliche Kindheit verbracht.“ Der Blick ins Weite, oder besser über den Tellerrand hinaus, sollte auch später richtungsweisend sein. 2002 ging Jan Gartner zum Architekturstudium nach Wien. „Ich entdeckte aber bald, dass mich der erweiterte Kontext einer Stadt mehr interessiert als das einzelne Gebäude und begann Raumplanung und Raumordnung zu studieren.“
Die Faszination für den öffentlichen Raum treibt den Harder an. „Die Fragestellungen in diesem weiten Feld sind spannend, weil sie multidisziplinär sind und aus den verschiedensten Blickwinkeln gestellt werden müssen. Es geht um demokratische Prozesse und Partizipation.“ Ein starkes Demokratieverständnis war schon zu Studienzeiten wichtiger Motor für sein gestalterisches Engagement. Im Fakultätsrat lernte er das Zusammenspiel von politischer Arbeit, Miteinander und Konfliktpotenzial im Kontext verschiedener Interessensgruppen kennen. „Ähnlich ergeht es mir heute als Stadtplaner.”

Im Rahmen der Diplomarbeit stellte er die weltweit erste Crowdfunding-Plattform für urbane, nachbarschaftliche Projekte auf die Beine. Der Erfolg des Projekts wies ihm die Richtung: Die Agentur Raumpioniere gibt es seit 2016. „Die Selbstständigkeit war nicht geplant. Sie gibt mir die Freiheit, Projekte umzusetzen und neue Wege zu finden.“ Planungskonzepte für Straßen oder Parkanlagen, politische Beratung bei Bürgerbeteiligungen oder die Entwicklung partizipativer Onlineplattformen sind Beispiele dieser Wege.
Mitgestaltung zentral
„Der urbane Raum lebt wie Demokratie vom Mitgestalten. In diesen Prozess will ich die Menschen einbinden. Die Vielfalt, auf die man da trifft, das ist der Nährboden für mein Schaffen.“ Kunden sind Städte, Bezirke oder Unternehmen. Von Parklets in Vorarlberg über den Wiener Radsommer bis hin zu Raumplanungsworkshops im Kosovo und zum öffentlichen Kunstprojekt in Wolfurt – Budgetplanung und Koordination aller Akteure inbegriffen: „Ich will Brücken schlagen. Sei es in andere Länder oder in die alte Heimat.“ Der Blick über den Tellerrand bedeutet ständiges Lernen. „Das inspiriert und bewahrt davor, in der eigenen Suppe zu dümpeln. Diese innovative Ambition sehe ich auch in Vorarlberg. Das habe ich wohl nach Wien mitgebracht.“

Beruflich ist der 37-jährige Stadtplaner auch viel im Ländle. Der erste Weg führt dann oft zum Bodensee. Dort sucht er wieder das Weite. „Wir haben eine der letzten selbstgebauten Holzgundeln in Hard. Mit der muss ich dann unbedingt raus.“ TON
Jan Gartner
Geboren 1. Februar 1984 in Bregenz
Ausbildung Studium Raumplanung und Raumordnung, TU Wien
Beruf selbstständiger Stadtplaner, Dozent Universität Wien
Unternehmen Raumpioniere Agentur für StadtmacherInnen, agentur.raumpioniere.at
Wohnort Wien, Mariahilf