Der Käsepapst von Eichenberg

Das Ehepaar Stefan und Agatha Lang aus Eichenberg fuhr mehr als 35 Jahre lang zum Markt – bis Corona kam.
Eichenberg Die Corona-Pandemie beendete seine Karriere als Marktfahrer. Das stundenlange Tragen der Maske setzte Stefan Lang dermaßen zu, dass er nach mehr als 35 Jahren als Marktfahrer in den Ruhestand ging. Stefan (89) und seine Frau Agatha (77) zählten zu den Urgesteinen des Bregenzer Bauernmarktes. Das Landwirte-Ehepaar aus Eichenberg verkaufte jeden Freitagvormittag den in der Sennerei Jungholz-Hinteregg produzierten Bergkäse und Emmentaler und die beliebte Sennereibutter. So erklärt sich, dass die Eichenberger ihren Stefan immer liebevoll „Käsepapst“ genannt haben und er für seine Kunden das „Käsmännle“ war.
Der Anfang war hart
„Am Anfang war es hart. Wir haben nicht viel verkauft. Es gab Tage, da haben wir nur einen Laib Käse verkauft“, erinnert sich der Pensionist an die anfängliche Durststrecke. Aber Stefan ist keiner, der gleich aufgibt. „Das tut man nicht.“ Im Lauf der Zeit zog das Geschäft an. „Aber ein paar Jahre brauchte es schon, bis es sich lohnte.“ Nach und nach gelang es dem Ehepaar, sich einen treuen Kundenstock aufzubauen. „Wir wussten, wie es unsere Stammkunden daheim haben.“ Denn am Marktstand wurde auch geplaudert. Nicht wenige kamen wegen eines Schwatzes zu den Langs wie etwa jene über 100-jährige Frau, die immer 100 Gramm Käse kaufte, nur um sich anschließend mit Stefan und Agatha ausgiebig unterhalten zu können. „Es war sehr unterhaltsam mit den Kunden. Wir hatten manchen Spaß, auch mit anderen Marktfahrern.“

Stefan trauert der alten Zeit nach. „Jetzt bin ich seit zwei Jahren weg. Mir geht die Arbeit heute noch ab.“ Jedes Mal, wenn seine Schwiegertochter vom Markt heimkommt, fragt er sie, wie es gelaufen ist. Es freut ihn riesig, dass Marlies die Familientradition fortsetzt und sie jetzt statt seiner Käse am Bregenzer Bauernmarkt verkauft. Dank Marlies hat er noch eine Verbindung zum Markt und zu dem Leben, das er früher führte. „Ich bin bei jedem Wetter gerne auf den Markt gegangen“, sagt er, „ich hab’s einfach mit Leib und Seele gemacht“. Im Winter kam es manchmal vor, dass der Eichenberger in aller Herrgottsfrühe Ketten montieren musste. Aber selbst das vermochte seine Begeisterung für den Beruf nicht zu schmälern und seine gute Laune nicht zu trüben. Als Marktfahrer ist man Wetterkapriolen über Stunden schutzlos ausgesetzt. Stefan und Agatha erlebten Schneestürme, Gewitter, Dauerregen, Gluthitze und Eiseskälte. „Besonders schlimm ist Hitze. Dagegen kannst du nichts tun.“ Nachsatz: „Wenn es kalt ist, tut man sich beim Schneiden des Käses schwer.“ Am meisten Käselaibe verkauften Stefan und Agatha bei schönem Wetter, „aber nur, wenn es nicht zu heiß oder zu kalt war“.
Nie gefehlt auf dem Markt
Seine Frau und er waren nicht nur zu Hause, sondern auch auf dem Markt ein gutes Team. „Alleine kann man nicht auf den Markt gehen. Man braucht jemand, der einem hilft.“ Agatha unterstützte ihn bei allem, kassierte und half beim Aufbauen und Einrichten des Standes kräftig mit. Um halb eins baute das Ehepaar den Stand immer ab und verlud ihn ins Auto. Ein Standortwechsel von Bregenz nach Wolfurt war angesagt, um 14 Uhr begann dort der Bauernmarkt, auf dem die beiden seit 1997 auch regelmäßig vertreten waren.

Die Robustheit der Lang’s war legendär. „Wir haben in all den Jahren nicht ein einziges Mal gefehlt auf dem Markt.“ Als Stefan sich in den Ruhestand zurückzog, machte Agatha mit ihrer Schwiegertochter noch weiter. Seit Weihnachten bleibt aber auch sie am Freitag zu Hause, gezwungenermaßen. „Mein Kreuz macht mir Probleme. Ich kann Schweres nicht mehr heben.“
Etwas loslassen und aufgeben müssen, was man gern tut, ist schwer. „Wir wären nicht so lange zum Markt gefahren, wenn es uns nicht gefallen hätte“, möchte Agatha aufzeigen, dass auch ihr der Abschied vom Marktfahrerleben nicht leicht fiel. Manchmal schwelgen Stefan und Agatha gemeinsam in Erinnerungen und erzählen sich Anekdoten aus der Vergangenheit. „Agatha, weißt du noch, dass mir ein Kunde immer ein Bier gezahlt hat, wenn ich das gewünschte Gewicht des Käses auf das Gramm genau vom Laib herunter geschnitten habe und er mich gleich ein paar Mal einladen musste?“ Seine Frau nickt und lächelt versonnen.