Regierungskrise: Bruchlinie auch in der Landeskoalition

Schwarze beschwichtigen, Rauch warnt.
Bregenz Veronika Marte ist nicht nur Stadträtin in Bregenz und Landtagsabgeordnete der ÖVP. Sie ist auch Stellvertreterin von Sebastian Kurz an der Parteispitze der österreichischen Volkspartei. Als solche springt sie für ihren Chef in die Bresche. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner stärkt Kurz den Rücken. Ganz andere Töne kommen vom Koalitionspartner der ÖVP; nicht nur auf Bundesebene. Landesrat Johannes Rauch spricht von einer einigermaßen dramatischen Situation.
Für Wallner steht jedenfalls fest: “Die Vorwürfe gehören aufgeklärt. Ich kann aus der Ferne nicht sagen, ob es stimmt. Ich treffe keine Vorverurteilung. Ich möchte wissen, was dran ist.” Man müsse die Arbeit der Justiz abwarten. “Ich habe keinen Grund zu glauben, dass es anders sein soll, als der Bundeskanzler erklärt hat. Ich vertraue ihm und gehe davon aus, dass er die Wahrheit sagt. Ich habe keinen Grund, ihm zu misstrauen”, fährt der Landeshauptmann fort und schränkt gleichzeitig ein: “Das ist mein jetziger Stand, aber vollständige Aufklärung ist notwendig.”
Er habe zudem den Eindruck, dass es manchen darum gehe, den Bundeskanzler aus dem Weg zu räumen. “Ich beschuldige niemanden, auch nicht die Justiz. Mein Vertrauen in die Justiz ist an sich groß”, betont Wallner allerdings. Dass sich damals Kurz mit fingierten Umfragen die Macht in der ÖVP erkauft habe, möchte er nicht so stehen lassen. “Zum damaligen Zeitpunkt kannte ich keine relevante Umfrage, die gezeigt hätte, dass es nach oben geht”, blickt Wallner zurück. “Es war klar, dass wir handeln müssen und dass die Entscheidung Richtung Sebastian Kurz gehen wird.”
Kritik von Rauch
Johannes Rauch stellt hingegen fest: “Der Kanzler ist nicht wirklich handlungsfähig. Die Situation ist seit Mittwoch einigermaßen dramatisch.” Nur weil der Kanzler in Schwierigkeiten sei, dürfe nicht das Land stillstehen oder eine Neuwahl stattfinden. “Es kann nicht sein, dass wir nach zwei Jahren jetzt wieder in Neuwahlen gehen, nur weil gegen den Kanzler und sein engstens Umfeld ermittelt wird. Es muss eine andere Möglichkeit geben. Jetzt wird das gerade ausgelotet.” Die ÖVP müsse sich überlegen, wie sie mit der Situation umgeht. Entweder sie leiste einen Beitrag, das Land handlungsfähig zu machen, oder sie möchte neu wählen. “Davon gehe ich nicht aus. Offenbar gibt es Stimmen in der ÖVP, die meinen, Kurz soll in Karenz gehen und sich eine Zeit lang herausnehmen.” Nicht nur die strafrechtliche Dimension sieht er kritisch. Der Eindruck insgesamt sei verheerend. “Da wird ein Bild gezeichnet, dass es überhaupt keine moralischen Grenzen mehr gibt. Eine völlige Gleichgültigkeit von Anstand und Moral”, ärgert sich Rauch.
Kurz-Stellvertreterin Veronika Marte widerspricht Rauch. “Die Regierung ist handlungsfähig und die Volkspartei ist bereit, die Regierungsarbeit fortzusetzen.” Einen Rücktrittsgrund sieht sie nicht. Die rote Linie: “Eine rechtskräftige Verurteilung.” Insgesamt handle es sich aktuell aber um unbestätigte Vorwürfe, die die Justiz klären müsse. Deshalb stehe auch eine Regierung ohne Kurz nicht zur Diskussion, weshalb sich auch in der Partei diese Frage nicht stelle. Und wie geht es ihr in der ÖVP? Zuerst die Casino-Causa, jetzt das. Marte: “In der Politik geht es nie um persönliche Befindlichkeiten, sondern um die Sache.”