Lage in den Spitälern: Besorgniserregend und prekär

Vorarlberg / 16.11.2021 • 15:25 Uhr
Lage in den Spitälern: Besorgniserregend und prekär
Die Situation auf Normal- und Intensivstationen spitzt sich zu. DPA, VOL.AT

Wie schon vor einem Jahr geraten die Spitäler auch heuer wieder an ihre Grenzen.

Dornbirn Besorgniserregend, prekär: Gerald Fleisch, Direktor der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) benötigte nur zwei Worte, um die Situation in den Spitälern zu beschreiben.

„Angesichts der Wucht der vierten Welle ist davon auszugehen, dass in den kommenden Tagen und Wochen eine hohe Zahl an Covid-19-Erkrankten aufgenommen werden muss“, sagte Fleisch bei einer Pressekonferenz im Krankenhaus Dornbirn. Als Folge davon würden die Spitäler ab sofort ihren Regelbetrieb einschränken und sich auf die Notfallmedizin und Versorgung von Covid-19-Erkrankten konzentrieren. OP-Verschiebungen könnte es demnach in Einzelfällen bereits in den nächsten Tagen geben. Im LKH Bregenz wurde jedenfalls bereits ein OP-Saal geschlossen. Zudem werden die für Coronafälle verfügbaren Normalbetten von 112 auf 205 aufgestockt. Die Reaktivierung des Notversorgungszentrums ist hingegen zumindest vorerst kein Thema. „Wir sind glücklicherweise auch noch weit entfernt von der Notwendigkeit, triagieren zu müssen“, bestätigte Fleisch.

Hohe Grundauslastung

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr mussten die Spitalsverantwortlichen von einem ähnlich alarmierenden Geschehen berichten. „Es ist ein einziges Déjà-vu, allerdings unter schlechteren Vorzeichen“, verdeutlichte Gerald Fleisch. Die Grundauslastung in den Krankenhäusern ist auch abseits von Corona schon hoch, dazu kommen 124 Mitarbeitende, die wegen einer Covid-19-Infektion fehlen. Aktuell sind 95 Betten mit Covid-19-Patienten belegt, 15 von ihnen brauchen eine intensivmedizinische Betreuung. „In der vergangenen Woche hat sich die Zahl der Intensivpatienten mit Covid-19 verdoppelt“, verdeutlichte der Intensivkoordinator des Landes, Oberarzt Wolfgang List. Zugleich verwies er darauf, dass die Mehrzahl inzwischen jünger als 60 Jahre ist, und die meisten von ihnen, nämlich elf, ungeimpft sind. Vier der Intensivpatienten müssen beatmet werden. Von diesen ist ebenfalls niemand geimpft. Für List ist es daher müßig, über die Wirkung der Coronaschutzimpfung immer noch diskutieren zu müssen. „Auch alle Coronatoten waren ungeimpft“, ergänzte Fleisch.

Mangelnde Solidariät

Als besonders bedauerlich bezeichnete der Intensivmediziner, dass es aus der Solidarität des Jahres 2020 heraus nicht gelungen ist, die erforderliche Durchimpfung zu erreichen. „Das enttäuscht mich zutiefst.“ Es interessiere keinen mehr, was auf einer Intensivstation vor sich gehe: „Man hat sich an den Bildern sattgesehen”, prangerte List an. Er sehe mit ein wenig Grauen den nächsten Wochen entgegen, denn auch das Pflegepersonal ist längst am Anschlag. „Es gab nur eine begrenzte Zeit zum Durchatmen, weil verschobene Operationen nachgeholt werden mussten“, erklärte Bertram Ladner, Pflegedirektor am Krankenhaus Dornbirn. Die Motivation falle von Monat zu Monat und von Welle zu Welle. Viele Gespräche seien notwendig, um die Mitarbeitenden zu stützen.

Kein Verständnis

Der KHBG-Direktor sieht die Gesellschaft in der Verantwortung, das Spitalspersonal zu schützen, indem sich möglichst viele impfen lassen. Doch wie ist es mit den rund 700 Beschäftigten in den eigenen Reihen, die noch nicht geimpft sind? Bei ihnen soll Überzeugungsarbeit helfen. „Das Verständnis für Impfskeptiker ist bei null“, betonte Fleisch. Die Impfpflicht für Gesundheitsberufe wird begrüßt. Wer sich trotzdem weigert, sei in den Krankenhäusern nicht mehr erwünscht.