Warum Innsbruck mit Wälder Power regiert wird

Georg Willi ist Bürgermeister der Tiroler Landeshauptstadt und er hat einen ganz besonderen Bezug zu Vorarlberg.
Innsbruck Als Georg Willi am 24. Mai 2018 zum Innsbrucker Bürgermeister gewählt wurde, war das wie eine Art Revolution in der Tiroler Landeshauptstadt. Ein Grüner auf dem Bürgermeistersessel war bis dahin schwer vorstellbar.
Willi lebt Grün im Alltag. Sein städtisches Dienstauto gab er weg. Innsbrucks erster Mann bewegt sich ausschließlich per Drahtesel oder in Öffis durch die Stadt. “Dadurch bin ich für die Leute greifbar und angreifbar. Sie sehen mich ja immer”, lacht der hochmusikalische 62-Jährige, der in seiner kargen Freizeit als Chorleiter fungierte. In dieser Funktion war er auch anlässlich der Einweihung der Skulptur gegen Gewalt in Aktion. Er dirigierte in der Dreiheiligenkirche das fantastische Gesangsensemble des “Collegium Vocale”. Voller Einsatz für eine gute Sache mit Vorarlberg-Bezug. Es war Willi ein persönliches Anliegen, das Projekt mit der Botschaft der Versöhnung vor dem Hintergrund des brutalen Mordes am Bregenzer Michael Perauer im November 2018 auf seine Weise zu würdigen.
Eine spannende Geschichte
Vorarlberg im Allgemeinen und der Bregenzerwald im Besonderen: Für Georg Willi sind diese Ortsbezeichnungen den Duft von Heimat nie los eworden. “Mein Vater stammte aus Schoppernau, er hätte dort den heimatlichen Hof übernehmen sollen.” So beginnt die Geschichte des Georg Willi über die Heimat seiner Vorfahren. Er erzählt sie leidenschaftlich und gerne, lässt sich dafür Zeit und der Zuhörer staunt. Sie führt von der Beschreibung der Großfamilie mit den sieben Kindern über die Emigration seines Vaters ins damals noch ferne Tirol, dessen rebellische Haltung gegenüber den starrsinnigen Tiroler Bauern in seiner Eigenschaft als Leiter der Bildungsabteilung in der Tiroler Landwirtschaftskammer, bis hin zur eigenen Vita.

Der Bauernrebell
Das Erbe des “spinnaten” Biobauern Willi übertrug sich auf dessen Sohn Georg. Er maturierte 1977 am akademischen Gymnasium in Innsbruck, begann Biologie und Jus zu studieren. “Diese eigenartig anmutende Kombination erklärt sich dadurch, dass ich die Möglichkeiten der Umsetzung von Biolandwirtschaft stets auch rechtlich begleiten wollte.” Freilich erfuhr der Drang nach Erhalt des universitären Siegels für den wissenshungrigen Studenten einen jähen Abbruch. “Ich ging in die Politik und habe mein Studium deswegen nicht fertig gemacht”, sagt Willi heute ohne echtes Bedauern.
Für die Vereinten Grünen zog er 1986 in den Innsbrucker Gemeinderat, erlebte später den Zusammenschluss mit der Alternativen Liste. Es folgte der Tiroler Landtag bis 2013, danach bis 2017 der Nationalrat.
Wälder Genetik
Jetzt ist Georg Willi Bürgermeister der viertgrößten Stadt Österreichs. “Und ich darf gestalten, sofern es Budgetzwänge und Mehrheitsbeschlüsse im Innsbrucker Stadtrat mit dem Spiel der freien Kräfte zulassen”, freut sich der Chorleiter, der in der Tiroler Landeshauptstadt stets darum bemüht sein muss, aus den zahlreichen Stimmen mit verschiedensten Tönen einen wohlgefälligen Sound zu mixen.
Seine Bregenzerwälder Genetik dringt dabei immer wieder durch. “Wie dort in der Geschichte das Traditionelle immer einherging mit dem Innovativen, habe ich stets bewundert”, drückt Willi seine Bewunderung für die ganz besondere Talschaft aus. Politisch ist er erblich vorbelastet. Sein Großvater Peter war bis 1973 Langzeitbürgermeister von Schoppernau.
“Der Bregenzerwald vereinigt das Traditionelle mit dem Innovativen. Das habe ich immer bewundert.”
Georg Willi, Bürgermeister von Innsbruck
Ebenso bereichern Gegensätze das Wesen der Großfamilie Willi aus Schoppernau. Bruder Peter, Mitglied im erzkonservativen katholischen “Werk”, hütet heute als Pfarrer in Feldkirch-Gisingen seine Schäfchen. Über seinen weltanschaulich völlig anders gepolten Blutsverwandten sagt der progressive Georg aus Innsbruck: “Wir sind total verschieden, aber menschlich schätzen wir uns.”